Hannover (dpa/lni) - Immer komplexere Verfahren mit immer mehr Angeklagten sorgen dafür, dass dem Landgericht Hannover die räumlichen Kapazitäten auszugehen drohen. Einzeltaten mit einem Angeklagten und einem Verteidiger gebe es etwa bei Betrugs- oder Betäubungsmittelstraftaten kaum noch, sagte Landgerichtspräsident Ralph Guise-Rübe am Dienstag in Hannover. Häufig sei es schwierig, Angeklagte im Interesse von Sicherheit und Persönlichkeitsrecht direkt aus den Zellen im Gerichtssaal vorzuführen - statt offen über die Flure: „Das können wir nicht mehr leisten.“ Künftig müssten häufiger passende Räume angemietet werden.
Politisch nicht durchsetzbar sei es wohl, „zu schauen, was wir auf dem Messegelände für Möglichkeiten haben“, sagte Guise-Rübe. Denkbar sei, eine Zweigstelle zu schaffen, indem der Strafbereich ausgelagert werde. Das Gericht sei in Sachen Infrastruktur „nicht mehr gut aufgestellt“.
Im zweiten Corona-Jahr 2021 sei die Zahl der Neueingänge bei Strafverfahren im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, sagte er. „Es liegen turbulente Zeiten hinter uns. Die Pandemie hat die Justiz an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht.“ Das Gericht habe aber keine Verfahren liegenlassen müssen.
Im vergangenen Jahr seien es 1673 Neueingänge gewesen - nach 1581 ein Jahr zuvor. Die Erledigungsdauer für erstinstanzliche Strafverfahren sei 2021 leicht von durchschnittlich 7,7 Monaten auf 8,0 Monate gestiegen. Das sei für ein Großstadtgericht „immer noch sehr gut“. Die Zahl der Neueingänge erstinstanzlicher Zivilsachen sei 2021 von 5587 im Vorjahr auf 5070 gesunken - ein bundesweiter Trend. Es gebe zwar nicht wenigere Konflikte, aber mehr Möglichkeiten, sie zu lösen, etwa mit Hilfe von Mediation oder Schiedsgerichten.
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