Erfurt:Richterbund: Nachwuchsjuristen verzweifelt gesucht

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Holger Pröbstel, Landesvorsitzender des Deutschen Richterbundes in Thüringen. (Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa)

Der Deutsche Richterbund in Thüringen hat vor gravierenden Nachwuchsproblemen in der Justiz gewarnt. Ostdeutsche Länder wie Sachsen-Anhalt hätten bereits jetzt...

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Erfurt (dpa/th) - Der Deutsche Richterbund in Thüringen hat vor gravierenden Nachwuchsproblemen in der Justiz gewarnt. Ostdeutsche Länder wie Sachsen-Anhalt hätten bereits jetzt massive Schwierigkeiten, junge Richter zu finden, sagte der Landesvorsitzende Holger Pröbstel der Deutschen Presse-Agentur. Auch in Thüringen müsse das Referendariat wieder attraktiver werden. Es sei ein Fehler gewesen, dass der Freistaat vor einiger Zeit die Verbeamtung von Rechtsreferendaren abgeschafft habe.

Auf die ostdeutsche Justiz kommen aufgrund einer ungesunden Altersstruktur in den nächsten Jahren riesige Pensionierungswellen zu. In Thüringen gehen laut Pröbstel bis 2031 knapp 600 der derzeit rund 800 Richter und Staatsanwälte in den Ruhestand. „Der Wettbewerb um den Nachwuchs ist jetzt schon hart, er wird künftig aber dramatische Züge annehmen“, warnte Pröbstel, zugleich Vorsitzender Richter am Erfurter Landgericht.

Nicht nur die Länder konkurrierten um die besten Absolventen. Große Kanzleien lockten mit Einstiegsgehältern von bis zu 150 000 Euro pro Jahr. „Da bin ich als Vorsitzender Richter nach 30 Jahren meilenweit davon entfernt.“ Die Justiz sei als Arbeitgeber längst nicht mehr so attraktiv wie früher. Hinzu kämen die unterschiedlichen Vergütungen in den Ländern. „Ich würde in Bayern bis zu 600 Euro mehr und in Berlin 300 bis 400 Euro weniger verdienen für den selben Job“, kritisierte der Jurist.

Pröbstel verwies auf eine rückläufige Zahl an Jurastudenten und eine sinkende Zahl an Absolventen, die ihr zweites Staatsexamen ablegten. Um geeignetes Personal für den Staatsdienst zu finden, seien die Anforderungen bereits nach unten geschraubt worden. So bräuchten Nachwuchsjuristen für die Einstellung in Thüringen inzwischen nur noch 16 Punkte aus beiden Staatsexamina, was einer befriedigenden Note entspreche. „Das kann sich irgendwann mal in der Qualität der Rechtsprechung bemerkbar machen.“

Der Richter forderte, bereits jetzt über Bedarf einzustellen. „Wenn mit den Neueinstellungen gewartet wird, bis wir in Rente gehen, ist der Markt leer gefegt.“ Zudem gehe mit den Pensionierungen ein erheblicher Erfahrungsschatz verloren. Derzeit würden vorwiegend Stellen besetzt, um die Belastungen an den Gerichten zu kompensieren. Bund und Länder hatten sich zu Jahresbeginn auf einen „Pakt für den Rechtsstaat“ und die Schaffung von 2000 zusätzlichen Stellen für Richter und Staatsanwälte geeinigt.

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