"Open to meraviglia":Hauptsache Italien

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Eine computergenerierte Influencer-Venus sitzt nun also am Comer See und isst Pizza, die eigentlich aus Neapel stammt. (Foto: Armando Testa/Ministerio del Turismo)

Eine Werbekampagne des italienischen Tourismusministeriums wird zum Gespött - weil sie Slowenien zeigt. Und Städte falsch ins Deutsche übersetzt. Über ein Fiasko in mehreren Episoden.

Von Elisa Britzelmeier

Um das Urlaubsland Italien muss man sich eigentlich keine Sorgen machen. Es gehört zu den Topzielen Europas, ach was, der Welt. Damit das so bleibt, hat das italienische Tourismusministerium vorsichtshalber eine neue Werbekampagne gestartet. Und damit eine Menge Aufmerksamkeit bekommen - allerdings durchweg negative.

Es fing damit an, dass eine Werbeagentur die Venus des Renaissance-Malers Sandro Botticelli auf Reisen schickte, als "virtual influencer", wie es auf der Ministeriumsseite heißt. Influencer generieren schließlich Aufmerksamkeit. Während das Original weiter nackt in den Uffizien herumhängt, posiert eine computergenerierte Venus nun also im Minirock vor italienischen Sehenswürdigkeiten, isst neapolitanische Pizza am Comer See, radelt am Kolosseum vorbei oder macht ein Selfie auf dem Markusplatz. Die Motive laufen online und auf Plakaten unter dem Titel "Open to meraviglia", offen für Wunder. Die Venus hat einen Instagram-Kanal, Videos sollen an Flughäfen und Bahnhöfen zu sehen sein. Das Ganze ist Teil einer größeren internationalen Kampagne für insgesamt neun Millionen Euro.

Influencer generieren Aufmerksamkeit: Venus macht Selfies am Markusplatz in Venedig. (Foto: Armando Testa/Ministerio del Turismo)

Gleich wurden kritische Stimmen laut. Erste Medien schrieben von "Trash", ein Kunsthistoriker nannte die Kampagne "grotesk" und eine "obszöne Geldverschwendung". Eine gute Woche später ist klar: Ministerium und Werbeagentur haben eine preisverdächtige Erfolgsserie geliefert. Denn seit Tagen verfolgen italienische Zeitungen und Nutzerinnen und Nutzer auf Social Media nun die Wendungen eines Marketing-Fiaskos, Episode für Episode.

Erst wurde bekannt, dass offenbar keiner der Verantwortlichen daran gedacht hatte, die Domain opentomeraviglia.it zu kaufen. Stattdessen griff eine konkurrierende Agentur zu, sie wirbt unter der Internetadresse für sich selbst ("Keine Sorge, wir haben uns gekümmert. Marketing ist eine ernste Sache.").

Aus Prato wurde "Rasen", aus Brindisi "Toast"

Dann stellte sich heraus: Teile eines Kampagnenvideos, in dem sich gut gelaunte junge Leute bei einer Weinprobe zuprosten, sind Stock-Aufnahmen und wurden gar nicht in Italien gedreht. Sondern in Slowenien. Erkennbar unter anderem an der Flasche slowenischen Weins auf dem Tisch. Nächste Episode: Eine Frau, die sich darin wiedererkannt hatte, sagte der Zeitung Il Fatto Quotidiano, sie sei für die Aufnahmen nicht bezahlt worden, jetzt denke sie über rechtliche Schritte nach.

Der Unterhaltungshöhepunkt war, als eine Journalistin sich die deutsche Version der Kampagnen-Homepage genauer anschaute - und entdeckte, dass dort auch Städtenamen übersetzt wurden. Für Brindisi in Apulien warb die Seite unter der Überschrift "Toast", Prato in der Toskana wurde so zum sehenswerten "Rasen", die Kleinstadt Camerino in den Marken zu "Garderobe" und Salve, ebenfalls in Apulien, zum freundlichen "Hallo". Mittlerweile ist der deutsche Bereich der Website komplett offline.

In der vorerst letzten Episode von "Open to meraviglia" treten die Werbeleute auf, denen Italien die Wundertüte zu verdanken hat. Die Agentur Armando Testa schaltete Ende der Woche eine Anzeige im Corriere della Sera. Sie dankt darin für die Aufmerksamkeit.

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