Italien:Kirchliche Ehe, 20 000 Euro Steuerbonus

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Ein Ehepaar auf dem Petersplatz. Selbst das Hochzeitskleid sollte steuerlich absetzbar sein, wenn das Brautpaar sich in der Kirche traut. (Foto: imago images/boggy)

In Italien versucht die rechtspopulistischen Lega die "natürliche Ordnung" bei Hochzeiten wiederherzustellen. Doch sie hat die Rechnung ohne die katholische Kirche gemacht.

Von Oliver Meiler, Rom

Frommer Eifer kann auch einmal schrecklich unselig sein, um nicht zu sagen: geradezu gottlos. Die Italiener debattieren gerade über einen Gesetzesvorschlag der rechtspopulistischen Lega, wohlgemerkt eine Regierungspartei im Land. Demnach sollen Paare, die in der Kirche heiraten, einen Steuerbonus in der Höhe von bis zu 20 000 Euro erhalten.

Fast alles dürften sie von den Steuern absetzen: die Blumen, den roten Teppich, das Hochzeitskleid natürlich, den Friseur, das Make-up, den "Wedding Reporter", wie man die Hochzeitsfotografen heute auch in Italien nennt, das Essen im Restaurant, die sakrosankte Torte, das nicht minder sakrosankte Hochzeitskonfekt, wohl auch den Wurfreis. Wer sich hingegen zivil trauen lässt, so steht es im ersten Entwurf, würde nichts bekommen - nulla. Auch homosexuelle Liebende wären ausgenommen vom finanziellen Anreiz des Staates.

Eine politische Provokation? Oder eher blanke Einfältigkeit?

Domenico Furgiuele, stellvertretender Fraktionschef der Lega in der Abgeordnetenkammer und Erfinder der Idee, erklärte seinen Vorstoß in den Medien so: "Die Italiener haben für uns gestimmt, damit wir die natürliche Ordnung der Dinge wiederherstellen, die Traditionen, die italienische Zivilisation." Und diese alte Ordnung stehe nun mal quer zur Welt der LGBT. Außerdem nehme die Zahl der Trauungen vor dem Priester stärker ab als jene vor dem Zivilbeamten. Die Italiener sagen in solchen Fällen: Da hisst eine Partei ihre ideologischen Standarten, für alle sichtbar, um ihre Identität zu schärfen. Die Lega hält sich neuerdings für eine Verteidigerin des katholischen Konservativismus, Parteichef Matteo Salvini tritt mit Kreuz am Hals und Rosenkranz in der Hand auf.

"Die Ehe ist ein Sakrament", sagt der Erzbischof. "Das kauft man nicht."

Nur, die Nummer mit der absetzbaren kirchlichen Hochzeit ist in so vielerlei Hinsicht verschroben und offen verfassungswidrig - in Italien sind Staat und Kirche schon lange getrennt -, dass sich nicht nur politische Gegner empörten. In den sozialen Medien mochte niemand die Idee richtig ernst nehmen, Premierministerin Giorgia Meloni ließ ausrichten, dass die Regierung damit nichts zu tun habe. Die Lega hatte die Initiative am Sonntag eingebracht, eine Art Überfall also.

Besonders kritisch fiel aber die Reaktion der katholischen Kirche aus. Erzbischof Vincenzo Paglia, Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, sagte zur Zeitung Corriere della Sera, er halte die Idee für grundlegend falsch: "Die Ehe ist ein Sakrament, das kauft man nicht. Ein gläubiger Mensch heiratet nicht in der Kirche, weil er die Kosten von den Steuern abziehen kann - wenigstens hoffe ich das." Gottlos fromm eben.

Das war dann wohl die Kritik zu viel. Nur Stunden nach dem Überfall war Domenico Furgiuele um eine Entschärfung der Polemik bemüht. Bei der Diskussion im Parlament, sagte er, werde dann sicher auch über eine Ausweitung des Bonus auf zivile Hochzeitspaare geredet werden. Es war der Versuch eines Rückziehers, die Standarte hängt ramponiert im Wind.

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