Irakischer Schuhwerfer:Liebesgrüße aus Gaza

Lesezeit: 2 min

Mit seiner Schuh-Attacke auf George W. Bush wurde er zum Liebling der arabischen Massen. Bei den Frauen hatte Muntasar al-Saidi trotzdem kein Glück. Nun will die Hamas dem Junggesellen eine Braut beschaffen.

Peter Münch, Tel Aviv

Der Held ist traurig und enttäuscht, doch die Hamas lässt keinen hängen, wenn er nicht gerade mit dem Feind kollaboriert. Dies jedoch liegt Muntasar al-Saidi fern, im Gegenteil, er hat dem Feind die Stirn geboten. Und deshalb hat ihn Regierungschef Ismail Hanija nun persönlich eingeladen zum Besuch im Gaza-Streifen: "Er ist uns sehr willkommen", hat er gesagt, und ein großer Bahnhof wäre dem Gast gewiss. Denn Muntasar al-Saidi ist ein Held der arabischen Massen, seitdem er im Dezember 2008 auf einer Pressekonferenz in Bagdad seinen Schuh auf den damaligen US-Präsidenten George W. Bush warf.

Muntasar al-Saidi bei seiner Schuh-Attacke auf den früheren US-Präsidenten George W. Bush: Die Hamas lockt den Held der arabischen Massen nun mit einem unmoralischen Angebot nach Gaza. (Foto: AP)

Mit diesem Mann könnte die Hamas sich schmücken, und falls er noch zögern sollte mit einem Besuch in Gaza, so hat ihm Hanija der Jerusalem Post zufolge noch ein verlockendes Angebot gemacht: "Wir könnten ihm hier eine Braut suchen und sind bereit, alle Hochzeitskosten zu übernehmen."

Im Westen gilt die Hamas als Terrortruppe, sie selbst gibt sich gern als Wohlfahrtsorganisation - und als solche reagiert sie nun wohl auf die Klagen al-Saidis. Denn der Schuhwurf hat dem irakischen Journalisten zwar weltweite Prominenz eingebracht, aber offenbar nicht jenes Glück und Reichtum, der ihm hinterher verheißen worden war. In Interviews jedenfalls hat er sich darüber beschwert, dass er sein Leben in Armut fristen müsse.

"Dies ist ein Abschiedskuss, du Hund"

Dabei hat der Mann mit der Schuhgröße 43 doch Maßstäbe gesetzt, und nicht wenige sind seinen Fußspuren gefolgt. In Georgien wurde ein Schuh auf den Präsidenten geworfen, in der Türkei auf den Chef des Internationalen Währungsfonds, in Israel auf die höchste Richterin. Der Schuh wurde durch ihn zur Waffe des kleinen Mannes, der der Obrigkeit seine Verachtung entgegenschleudern konnte - gern auch mit al-Saidis legendärem Satz: "Dies ist ein Abschiedskuss, du Hund."

Al-Saidi selbst zahlt dafür allerdings seinen Preis: zu drei Jahren Haft wurde er verurteilt, neun Monate musste er absitzen in einem irakischen Gefängnis, hinterher berichtete er von Schlägen, Elektroschocks und Knochenbrüchen.

Doch mit der Entlassung sollte er zumindest zu einem reichen Mann werden. Zehn Millionen Dollar hatte ein saudischer Verehrer allein für seinen Schuh geboten, doch der war leider von den Sicherheitskräften bei einer Sprengstoff-Untersuchung zerstört worden.

Von anderer Seite waren ihm Häuser, Autos, Pferde mit goldenem Sattel und auch die eine oder andere Jungfrau angeboten worden. "Alles leere Versprechungen", hat er gesagt. Das einzige Geschenk, das er wirklich bekommen habe, sei ein Paar goldener Schuhe gewesen, mit dem ihn ein kanadischer Fernsehsender als "Mann des Jahres" ausgezeichnet hatte.

Nach der Haft hat er sich erst einmal in die Schweiz abgesetzt und die "Al-Saidi-Stiftung" gegründet, die sich um irakische Waisen, Witwen und sonstige Gewaltopfer kümmern soll. Ob er von dort aus zur Hochzeitsreise nach Gaza aufbrechen will, war von seinen Mitarbeiterinnen in Genf nicht zu erfahren.

© SZ vom 16.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Attacke in Bildern
:Der Schuhwerfer von Bagdad

Ein irakischer Journalist hat US-Präsident Bush bei dessen letzter Visite in Bagdad mit Schuhen beworfen - und dabei sein Ziel verfehlt. Der Angriff in Bildern

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: