#IfTheyGunnedMeDown zu Michael Brown:Was, wenn er Anzug getragen hätte?

Lesezeit: 2 min

Eine Demonstrantin protestiert gegen den Tod des afroamerikanischen Teenagers Michael Brown. (Foto: AFP)

Wäre Michael Brown auch erschossen worden, wenn er weiß gewesen wäre? Oder ein Sakko getragen hätte? Sicher nicht, glauben Hunderte Afroamerikaner - und twittern eindrucksvolle Fotos, um ihre Zweifel zu belegen.

Von Violetta Simon

Als der Teenager Michael Brown in einem Vorort von St. Louis in Missouri von einem Polizisten in vermeintlicher Notwehr erschossen wird, ist die Erinnerung wieder da. An die Todesschüsse vom Februar 2012 auf den 17-jährigen Highschool-Schüler Trayvon Martin. An den Tod des Jugendlichen Jordan Davis im November desselben Jahres nach einem Streit über laute Musik. Auch die Trauer, die Wut und die Frage: Wäre das gleiche einem Weißen widerfahren?

Beide Schützen plädierten damals auf Notwehr, genau wie der Polizist, der Michael Brown am Wochenende in Ferguson erschoss. Laut Polizei soll der - unbewaffnete - Jugendliche den Beamten in seinen Einsatzwagen gedrängt haben. Zeugen berichteten hingegen, er habe sich ergeben und die Hände in die Höhe gehalten, als der Polizist auf ihn schoss.

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Als der Afroamerikaner Tyler Atkins von den verhängnisvollen Schüssen auf Brown erfuhr, setzte er ein Zeichen: Unter dem Hashtag #IfTheyGunnedMeDown postete er auf Twitter ein Bild von sich, das ihn im schwarzen Anzug mit einem Saxophon zeigt - und daneben ein anderes. Darauf trägt der 17-Jährige ein schwarzes T-Shirt mit Schriftzug und ein blaues Tuch auf dem Kopf.

Die Frage, die Atkins mit den beiden Bildern in den Raum wirft, ist so einfach wie wesentlich: Auf welchen der beiden hätte der Polizeibeamte eher geschossen? Und wenn Atkins an Browns Stelle gestorben wäre - welches der beiden Fotos hätten die Pressesprecher veröffentlicht?

Von Brown existieren ebenfalls Bilder von unterschiedlicher Wirkung: Mal trägt er eine Baseballkappe, Kopfhörer oder ein Basketball-Trikot, auf anderen ist er - etwa mit seiner kleinen Schwester und seinem Vater - in einem weißen Hemd zu sehen. Zwar kursieren derzeit kaum Fotos von ihm, die Presse zeigt vorwiegend Bilder von aufgebrachten Demonstranten. Doch Atkins Frage ist dennoch nicht unangebracht.

Michael Brown mit seiner kleinen Schwester und seinem Vater. (Foto: AP)

Auch damals, nach dem Tod von Trayvon Martin, war in der Öffentlichkeit die Debatte entflammt, ob der Junge mit dem Leben davongekommen wäre, wenn er sich die Kapuze seines Sweatshirts nicht über den Kopf gezogen hätte. Der selbsternannte Nachbarschaftswachmann George Zimmerman hatte sich damals darauf berufen, dass Trayvon Martin ein Hoodie getragen hätte - und der US-Moderator Geraldo Rivera hatte in einer Talkshow bekräftigt, dass "diese Gangsterkluft" für den Tod von Trayvon Martin verantwortlich sei.

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Viele Demonstranten waren daraufhin ostentativ in Hoodies auf die Straße gegangen. Auch diesmal, nach dem Tod des 18-jährigen Michael Brown, äußert sich der Protest in Symbolen. Hunderte Afroamerikaner twitterten nach Atkins' Vorbild Vergleichs-Selfies, die dem Betrachter zwei Versionen einer Person zeigen: Eine, die Wohlwollen bei der weißen Wohlstandsschicht auslöst, weil sie den integrierten Schwarzen, den "good black boy" zeigt. Und jenes andere Bild, das geprägt ist vom Gangster-Rapper, der an einer brennenden Tonne steht und Crack raucht.

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"Hätten die Medien das Foto ( mit dem blauen Tuch, Anm. d. Red.) in die Finger gekriegt, hätten sie es dazu genutzt, mich als jemanden darzustellen, der in einer Gang ist, obwohl es überhaupt nicht der Wahrheit entspricht", schreibt zum Beispiel Tyler Atkins in einer Mail.

Die Wucht, mit der der Tod von Michael Brown in den sozialen Medien diskutiert und reflektiert wird, hat den lokalen Vorfall auf eine nationale Ebene gehoben.

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Auch Präsident Barack Obama hat sich zu dem tragischen Tod des jungen Afroamerikaners geäußert. Er rief seine Mitbürger dazu auf, sich an Michael Brown "nachdenklich und verständnisvoll zu erinnern". Er sei sich bewusst, dass die Ereignisse in den vergangenen Tagen die Stimmung aufgeheizt hätten. "Aber wir sollten einander trösten und miteinander sprechen - auf heilende Art, nicht auf verletzende."

Seit Tyler Atkins seinen ersten Post veröffentlicht hat, wurde der Hashtag #IfTheyGunnedMeDown mehr als 168 000 Mal auf Twitter genutzt. Der 17-Jährige fühlt sich tief bewegt von der Resonanz, die seine Kampagne ausgelöst hat, denn: "Die Geschichte dieser Opfer könnte auch meine sein."

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