Fahrlässige Tötung in drei Fällen und fahrlässige Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz in vier Fällen - so lautete die Anklage gegen einen Heilpraktiker aus Moers. Jetzt hat ihn das Landgericht Krefeld zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Das Gericht attestierte ihm "schwere Verletzungen der Sorgfaltspflicht". Im Juli 2016 habe der 61-Jährige den Tod von drei seiner Patienten verschuldet. Ein 55-jähriger Mann aus den Niederlanden, eine 43-jährige Niederländerin und eine 55-jährige Belgierin starben nach einer Behandlung.
Krebstherapien:"Alternative" Krebstherapie - mit tödlichem Gift vom Heilmeister
Eine Häufung von Todesfällen in einer Klinik am Niederrhein zeigt: In Deutschland gibt es für solche Angebote keine klaren Regeln. Und wer todkrank ist, sucht oft verzweifelt nach Behandlungsmethoden.
Alle drei Patienten waren in die Praxis von Klaus R. nach Brüggen-Bracht an der niederländischen Grenze gereist. "Biologisches Krebszentrum" nannte sich die Einrichtung. Auf der Homepage versprach der Heilpraktiker eine Behandlung mit dem "aktuell besten Präparat zur Tumorbehandlung". Das Medikament, das R. verwendete, - 3-Bromopyrovat - ist nicht zugelassen. Laut einer ebenfalls auf der Homepage des Heilpraktikers veröffentlichten Preisliste kostete die Behandlung 9900 Euro und dauerte zehn Wochen.
Klaus R., das sah das Gericht als erwiesen an, verabreichte den schwerkranken Krebspatienten eine Überdosis 3-Bromopyrovat, weil er eine für das Abwiegen von Kleinstmengen ungeeignete Waage verwendete. Außerdem habe der Heilpraktiker Medikamentenflaschen nicht ordnungsgemäß beschriftet.
"Alle Pflichten missachtet"
Laut Staatsanwaltschaft hätte der Heilpraktiker die Überdosierung mit 3-Bromopyrovat erkennen und verhindern können. Sie hatte drei Jahre Haft gefordert. Der Heilpraktiker habe bei der Behandlung mit einem nicht zugelassenen Medikament, einem hochwirksamen Zellgift, "alle Pflichten missachtet" und grob fahrlässig gehandelt.
Seine Verteidigerin hatte zuvor einen Freispruch beantragt. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Therapie ihres Mandanten den Tod der Patienten verursacht habe. Diese seien schwer krebskrank gewesen und hätten die klassische Chemotherapie abgelehnt. Sie hätten gewusst, dass sie sich auf eine experimentelle Therapie einließen.
Der Fall von Klaus R. hatte bundesweit eine Debatte über das Verfahren zur Zulassung von Heilpraktikern ausgelöst. Heilpraktiker durchlaufen keine geregelte Ausbildung. Allerdings benötigt jeder, der in Deutschland als Heilpraktiker arbeiten will, eine Erlaubnis der Behörden - und die gibt es erst nach bestandener Prüfung. Ein Amtsarzt kontrolliert, ob der Bewerber ausreichend Kenntnisse der Anatomie und Krankheitslehre hat, ob er über Praxishygiene Bescheid weiß und Ahnung vom Berufsrecht hat.
"Wenn ein Patient zu einem Heilpraktiker geht, sollte er eindeutig wissen, dass er den Bereich wissenschaftlicher Plausibilität und Sicherung verlässt. Weil es aber in Deutschland eine staatliche Anerkennung des Heilpraktikerwesens gibt, suggeriert dies den Kranken, dass diese alternative Behandlungswelt staatlich angemessen reguliert und qualitätskontrolliert wird", sagt Bettina Schöne-Seifert, Professorin für Medizinethik an der Universität Münster.