Zum Tod von Heidi Hetzer:Ein Leben im Rennanzug

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Die ehemalige Rennfahrerin Heidi Hetzer ist im Alter von 81 Jahren gestorben. (Foto: dpa)

Die Welt war ihr zu schön, "um mit dem Arsch vor dem Fernseher sitzen zu bleiben" - Heidi Hetzer, legendäre Berliner Rallyefahrerin und Autohausbesitzerin, hat unter anderem im Oldtimer die Welt umrundet. Nun ist sie gestorben.

Von Julia Hippert

Als sie damals als Interviewpartnerin zur Aufzeichnung einer CNN Wirtschaftssendung in Berlin eingeladen wurde, kam sie stilecht: im Oldtimer und Rennanzug. Natürlich! Es war 2009, die Opel-Krise auf ihrem Höhepunkt. Und wer wäre da ein besserer Gesprächspartner gewesen als Heidi Hetzer? 1960 übernahm sie das Opel-Autohaus von ihrem Vater und baute es zu einem der größten Autohäuser Berlins aus.

Für das CNN-Interview setzte sich der Moderator gleich zu Hetzer in den Oldtimer. Als er sie fragte, ob man mit dem Auto denn jetzt auch fahren könne, war Hetzer zwar überrascht, aber nicht um eine Antwort verlegen. Sie kletterte kurzerhand über den Schoß des Moderators aus dem Auto, Motorhaube auf, Motor angekurbelt, Motorhaube zu, und über den leicht irritierten Moderator wieder zurück auf den Fahrersitz und schon fuhren die beiden davon.

Berlin
:Nicht träumen, losfahren!

"Bleibt nicht mit dem Arsch vor dem Fernseher sitzen", sagt Heidi Hetzer, dafür sei die Welt zu schön. Die 79-Jährige muss es wissen - nach 960 Tagen auf der Straße und 85 000 Kilometern in ihrem Oldtimer.

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Wahrscheinlich wollte Heidi Hetzer unbedingt den Eindruck vermeiden, dass auch nur einer ihrer Oldtimer nicht fahrtüchtig wäre. Das hätte die gelernte Automechanikerin nicht auf sich sitzen lassen. Schon als Kind hegte sie eine Leidenschaft für Autos. Von den Anfängen dieser Leidenschaft konnte sie auch als 74-jähige noch mit leuchtenden Augen erzählen: "Ich habe immer mit meinem Vati gebastelt. So wie andere mit Puppen gespielt haben, habe ich da immer mitgeschraubt. Und er hat mir auch von der großen weiten Welt erzählt und das hat mich einfach interessiert, der konnte auch so schön erzählen, dass das meine Märchenbücher waren."

Spannende Geschichten konnte Heidi Hetzer auch selbst erzählen. So wie die von der Rallye Düsseldorf-Shanghai. Sie zählt die einzelnen Stationen auf: Omsk, Novosibirsk, Krasnojarsk. "An Irkutsk, kann ich mich gut erinnern, da habe ich meine Beifahrerin rausgeschmissen. Die hat nicht mit mir geredet, die mochte mich nicht, das hatte keinen Sinn. Ich weiß gar nicht, warum die mitgefahren ist. Wenn jemand drei Wochen bei Ihnen im Auto sitzt und nicht mit einem redet, also das war nicht auszuhalten. Da war ich alleine glücklicher, da konnte ich wenigstens singen, wie ich wollte."

Die unglückliche Dame sollte nicht die einzige Reisebegleiterin sein, die Heidi Hetzer vor ihre Autotür setzte: Als sie sich 2014 mit einem Hudson Great Eight von 1930 auf den Weg um die Welt machte, schickte sie zwei weitere Beifahrer nach Hause. Die beiden jungen Männer seien der Sache einfach nicht gewachsen gewesen, sagte sie. Dass nur ja nicht der Eindruck entstünde, eine damals 79-Jährige sei 960 Tagen und 85 000 Kilometern um die Welt, durch Osteuropa nach Teheran und China, später nach Australien, Nord- und Südamerika und zuletzt durch Afrika nicht gewachsen. "Es ist meine letzte Chance, die Welt zu sehen. Ich bin froh, dass ich losgefahren bin und würde mein Leben lang bedauern, wenn ich es nicht gemacht hätte," sagte sie. Die Welt sei einfach zu schön, "um mit dem Arsch vor dem Fernseher sitzen zu bleiben".

Über die Osterfeiertage ist Heidi Hetzer im Alter vom 81 Jahren in ihrer Berliner Wohnung gestorben. Dies bestätigten ihre Kinder der Deutschen Presseagentur. Die Todesursache sei noch nicht bekannt, es deute aber alles auf Altersschwäche oder einen Unfall hin, sagten Hetzers Kinder. "Sie hat verstanden - und auch oft gesagt - dass jeder Tag ein Geschenk ist. Bis zuletzt hatte sie eine Offenheit, eine Neugier auf das Fremde, und einen unerschütterlichen Glauben an das Gute im Menschen. Ihre Familie hatte sie sehr lieb, und wird sie sehr vermissen", schreiben ihr Sohn Dylan und ihre Tochter Marla.

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