Doppelpunkt, Binnenversal, Unterstrich und Sternchen im Wort: Immer wieder werden kontroverse Debatten über das Gendern geführt. Der Rat für deutsche Rechtschreibung berät an diesem Freitag im belgischen Eupen über geschlechtergerechtes Schreiben - und will eine Empfehlung abgeben.
Bisher war der Rat gegen eine Aufnahme des Gendersterns in das amtliche Regelwerk. Zuletzt hatte er im Jahr 2021 empfohlen, Sternchen, Unterstrich, Doppelpunkt oder andere Formen zur Kennzeichnung von mehrgeschlechtlichen Bezeichnungen im Wortinneren nicht aufzunehmen. Zu seiner Empfehlung führte der Rat unter anderem aus, dass geschlechtergerechte Schreibweise nicht das Erlernen der geschriebenen deutschen Sprache erschweren dürfe.
"Uns ist von staatlicher Seite signalisiert worden, dass wir uns als Rat positionieren sollen", sagte der Ratsvorsitzende Josef Lange. Der Genderstern gelte zwar in einigen Bundesländern in Schulaufsätzen als Rechtschreibfehler. Es gebe aber auch Bundesländer, "die das anders sehen und sagen, Schülerinnen und Schüler dürfen vom Regelwerk abweichen - ich persönlich finde das bedenklich."
Seit Jahren wird in Deutschland diskutiert, ob - und wenn ja, wie - die männlichen Formen in der Sprache durch weiter gefasste Begriffe ersetzt werden können oder sollten - um zum Beispiel Frauen offensiver einzubeziehen. Das Gendersternchen wie bei Lehrer*innen ist eine Möglichkeit. Manche setzen an die Stelle auch einen Doppelpunkt oder einen Unterstrich. In der gesprochenen Sprache und im Fernsehen oder Radio äußert sich das dann als Sprechpause. Die Debatte um den Gebrauch von Gendersprache betrifft inzwischen viele Lebensbereiche und kocht zum Teil auch hoch.
Ein Beispiel aus Politik und Medien: CDU-Chef Friedrich Merz positionierte sich auf einem CDU-Parteitag 2022 indirekt gegen das Gendern im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und sagte: "Universitäten, meine Damen und Herren, und öffentlich-rechtlicher Rundfunk sind keine Volkserziehungsanstalten." Von Senderseite wurde der Vorwurf zurückgewiesen. Auch in der Wirtschaft und bei Gerichten ist das Thema Gendern längst angekommen. So beschäftigte sich zum Beispiel das Landgericht Ingolstadt im vergangenen Jahr mit einer Klage gegen einen Leitfaden für geschlechtergerechte Sprache beim Autobauer Audi.
Seit 2004 ist der Rat das für die Rechtschreibung maßgebliche Gremium, Mitglieder aus sieben deutschsprachigen Ländern und Regionen stimmen sich dabei ab. Kritiker monieren übrigens, dass Genderstern und Unterstrich keine orthografischen, sondern typografische Zeichen seien. Der Rechtschreibrat sei dafür gar nicht zuständig. Einen Beschluss fassen wollen die Mitglieder an diesem Freitag dennoch.