Kriminalität:"Wir sehen in Deutschland eine große Nachfrage nach Rauschgift"

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Sichergestelltes Kokain wird bei der Pressekonferenz des Bundeskriminalamtes (BKA) zur Rauschgiftkriminalität gezeigt. (Foto: Boris Roessler/dpa)

1826 Menschen sind 2021 an den Folgen ihrer Drogensucht gestorben. Auch der Handel mit Rauschgift nahm laut Bundeskriminalamt zu.

Vor einigen Tagen erst haben Zollbeamte in Duisburg wieder riesige Mengen an Kokain gefunden, 635 Kilogramm, versteckt zwischen Bananen. Die Drogen waren zu Blöcken gepresst und in Folie verschweißt und kamen mit einem Seecontainer aus Ecuador nach Deutschland. Der Straßenverkaufswert: etwa 44,5 Millionen Euro.

Der Drogenhandel nimmt in Deutschland zu. Knapp 56 000 Rauschgift-Handelsdelikte seien 2021 registriert worden, teilte das am Donnerstag Bundeskriminalamt (BKA) mit. Das entspricht einer Zunahme um 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Wir sehen in Deutschland eine große Nachfrage nach Rauschgift", sagte die Vizepräsidentin des BKA, Martina Link, in Wiesbaden.

Drogenhandel und -schmuggel seien die wesentlichen Einnahmequellen der organisierten Kriminalität, so Link. Fast die Hälfte dieser Gruppierungen sei im Bereich des international organisierten Rauschgifthandels tätig. Insgesamt ging die Zahl der Delikte - also auch Besitz und Erwerb - nach Angaben der Ermittler aber um etwas mehr als ein Prozent auf insgesamt rund 361 000 zurück. Und das zum ersten Mal seit zehn Jahren.

Cannabis bleibt mit einem Anteil von rund zwei Dritteln die Drogenart mit der höchsten Anzahl an Delikten. Bei Amphetamin liegt der Anteil an den Gesamtdelikten bei rund zehn und bei Kokain etwa sechs Prozent, allerdings stellen Ermittler schon länger fest, dass die absolute Zahl an Kokaindelikten steigt und immer größere Mengen sichergestellt werden, so wie kürzlich in Duisburg. Auf Heroin und Chrystal entfallen etwa drei Prozent, hieß es bei der Präsentation des "Bundeslagebild Rauschgiftkriminalität 2021".

Der Großteil des Rauschgifts, das Polizei und Zoll sichergestellt haben, ist über den Land- und Seeweg nach Deutschland geschmuggelt worden. Als Vertriebsweg habe sich das Internet weiter etabliert, teilte das BKA mit. Das Angebot im Darknet sei ungebrochen hoch, dieser Trend habe sich im zweiten Pandemie-Jahr verstetigt und mache die Strafverfolgung sehr aufwendig.

Zahl der Drogentoten steigt

1826 Menschen seien im vergangenen Jahr an den Folgen ihrer Drogensucht gestorben, 1.520 Männer und 306 Frauen. Das entspricht nach Angaben des BKA einer Zunahme um 15,5 Prozent im Jahresvergleich. Hauptursachen für den Tod waren demnach der Konsum von Heroin und Opiat-Substitutionsmitteln. Die Zahl der Drogentoten steigt bereits seit 2017 stetig.

"Wir müssen mehr tun, damit Menschen gar nicht erst zu gefährlichen Drogen greifen, oder, wenn sie es doch tun, davon wieder loskommen", mahnte der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert. "Deswegen brauchen wir in Deutschland eine wirklich flächendeckende Suchtprävention, die hält, was sie verspricht." Die Nachfrage nach Drogen müsse gesenkt werden. Es müsse flächendeckende und ausreichend finanzierte Beratungsangebote geben. Auch im Internet sollte mehr Beratung angeboten werden.

Gleichzeitig ringen viele Suchtberatungsstellen nach Einschätzung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) mit finanziellen Engpässen. Die bundesweit rund 1300 Suchtberatungsstellen erreichen laut DHS jährlich mehr als eine halbe Million abhängigkeitskranke Menschen und ihre Angehörigen. Zu den Stärken der kostenlosen Suchtberatung gehöre der "bedingungslose und niedrigschwellige Zugang", das gelte es zu sichern.

Die DHS geht von rund drei Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren aus, die alkoholabhängig sind oder Alkohol in missbräuchlichen Mengen konsumieren. Hinzu kommen Hunderttausende Menschen, die von illegalen Drogen abhängig sind.

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