Was eben noch krass war, ist jetzt triftig. Denn ohne triftige Gründe, da geht derzeit gar nichts. Schon krass.
Zum Beispiel die Einreise aus und nach Deutschland an fast allen Grenzen. Wohl noch bis zum 15. Juni: nur aus triftigen Gründen. So galt es zwar auch in den vergangenen Wochen, nur dass damals die triftigen Gründe noch irgendwie krasser waren. Da musste schon so richtig was passiert sein, um entweder rein- oder rausgelassen zu werden.
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Jetzt, wo nur noch stichprobenweise kontrolliert werden soll, könnte triftig vielleicht schon heißen: "Ich muss dem Opa in Italien beim Holzhacken helfen." Vielleicht heißt es das aber auch nicht. Letztlich hängt das davon ab, ob dem Schleusenwärter an der Grenze die vorgetragene Geschichte auch krass genug erscheint. Wenn nicht, geht's halt nicht weiter.
Je größer die Sehnsucht, desto triftiger der Grund
Eine Situation, die übrigens ganz ausgezeichnet zum wunderschönen Wort "triftig" passt. Denn das beschrieb einst all das, was so im Wasser schwamm und von der Strömung bewegt wurde. Baumstämme zum Beispiel, die von Holzfällern auf dem Fluss durch die Schlucht getrieben wurden. Je reißender der Fluss, desto triftiger der Fortbewegungsdrang des Stammes. Für den ein oder anderen Holzfäller ging das tödlich aus.
Aber das Wort: toll! Denn so ist es doch beim Menschen, der gerade krass ins Ausland will - zum Beispiel, weil er dort liebe Freunde hat. Je größer die Sehnsucht, desto reißender der Fluss, desto triftiger der Grund. Na, da wird was los sein, wenn wieder die Tore öffnen!