Berlin:Auto fährt in Menschenmenge

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Bei dem Vorfall am Kurfürstendamm ist ein Mensch getötet worden, mehr als zehn wurden verletzt. Ob es sich um einen Unfall handelt, oder ein politisches Motiv dahintersteckt, ist weiterhin nicht klar.

Von Jan Heidtmann, Berlin, Philipp Saul, Jens Schneider und Oliver Klasen

In der westlichen Berliner Innenstadt ist in der Nähe des Breitscheidplatzes nahe der Gedächtniskirche ein Autofahrer in eine Gruppe Menschen und dann in ein Geschäft gefahren. Nach Angaben der Feuerwehr kam dabei eine Frau ums Leben. Außerdem seien sechs Menschen lebensgefährlich und drei Menschen schwer verletzt worden. Hinzu kämen mehrere Leichtverletzte.

Der Vorfall ereignete sich kurz vor 10.30 Uhr. Ob der Fahrer mit Absicht in die Menschenmenge gefahren ist, war zunächst unklar. Am Nachmittag gab die Polizei nach dpa-Informationen bekannt, dass im Wagen ein Bekennerschreiben gefunden wurde. Dies wurde später jedoch dementiert.

Der Fahrer sei festgenommen worden und werde befragt, heißt es. Nach Angaben der Polizei handelt es sich um einen 29-jährigen in Berlin lebenden Mann. Zahlreiche Sanitäter kümmerten sich um die Verletzten. Die Straßen rund um die Haupteinkaufsmeile Kurfürstendamm waren nach dem Unglück weiträumig abgesperrt. Immer wieder verließen Krankenwagen den Unfallort, darüber kreiste ein Polizeihubschrauber. Sicherheitshalber geräumt wurde auch das Europacenter, ein Einkaufszentrum gegenüber dem Tatort. Das sei deshalb geschehen, weil die Polizei das Auto auf Sprengstoff oder andere gefährliche Güter untersucht habe.

Die Tat hat die Polizei am Nachmittag wie folgt rekonstruiert: Mit dem Kleinwagen der Marke Renault soll der Mann zunächst nahe der Straßenecke Kurfürstendamm, Rankestraße, Tauentzienstraße in eine Gruppe von Menschen auf dem Bürgersteig gefahren sein. Danach sei der Wagen zurück auf die Straße gefahren, bevor er im Schaufenster einer Parfümerie zum Halten gekommen sei. Passanten hielten den Fahrer anschließend fest und übergaben ihn der Polizei.

Eine Sprecherin der Parfümerie-Kette Douglas sagte, es habe im Geschäft keine Verletzten gegeben. Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger äußerte bei Twitter ihr "tiefes Mitgefühl", sie sei "schockiert" und informiere sich in der Lagezentrale laufend über den Vorfall. Später ließ sie mitteilen, dass die Identität der getöteten Frau bekannt sei. Es handele sich um eine Lehrerin aus Hessen, die mit einer Schulklasse zu Besuch in der Hauptstadt war. Bei dem Vorfall seien auch Schülerinnen und Schüler anwesend gewesen. Ob von ihnen jemand verletzt wurde, sei noch unklar.

Inzwischen weiß die Polizei, dass das Fahrzeug der älteren Schwester des Mannes gehört. Er soll der Polizei bereits bekannt gewesen sein, allerdings nicht in Zusammenhang mit Extremismus.

Der Vorfall ereignete sich in unmittelbarer Nähe der Berliner Gedächtniskirche, wo am 19. Dezember 2016 am Breitscheidplatz bei einem islamistischen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt 13 Menschen getötet wurden. Damals raste der Tunesier Anis Amri mit einem gestohlenen Lkw auf den Platz. Mehr als 60 Menschen wurden verletzt, darunter viele schwer. Amri konnte zunächst entkommen, wurde aber vier Tage später bei einer Polizeikontrolle in Norditalien in Notwehr erschossen. Eine Gedenkstätte an der Gedächtniskirche erinnert an seine Opfer, bis heute ist der Platz mit Pollern und Betonsperren gesichert.

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