Clans in Berlin:250 Polizeibeamte, ein Hubschrauber, ein Sarg

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Trauernde stehen an einer Polizeiabsperrung im Berliner Stadtteil Schöneberg. Wegen einer Beerdigung im Clan-Milieu kam es zu einem großen Polizeieinsatz. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Trotz der Befürchtungen verlief die Beerdigung eines Berliner Clan-Mitglieds am Montag friedlich. Das lag vermutlich auch am massiven Polizeiaufgebot.

Die Frau starb in der vergangenen Woche in einem Krankenhaus in Berlin-Kreuzberg. Trotz dem wegen der Corona-Krise verhängten Kontaktverbot hatten sich an den Tagen zuvor bis zu 100 Verwandte vor dem Krankenhaus versammelt. Polizeistreifen hatten Autofahrer verfolgt, die vom Wohnhaus der Patientin zum Krankenhaus rasten, dabei Kontrollen missachteten und Beamte fast überfuhren. Die Stimmung war äußerst aufgeladen. Kein Wunder also, dass die Behörden im Vorfeld der Beerdigung nervös waren - und ein immenses Polizeiaufgebot die Veranstaltung sicherte.

250 Kräfte waren im Einsatz, vor allem, um die Einhaltung der Corona-Kontaktbeschränkungen zu überwachen. Zufahrten und Zugänge zum Friedhof waren gesperrt, ringsum Polizeiwagen postiert, ein Hubschrauber überflog das Geschehen. Zu größeren Zwischenfälle kam es jedoch nicht.

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Die Großfamilie, zu der die verstorbene ältere Frau gehört, ist polizeibekannt: Mehrere Mitglieder wurden in den vergangenen Jahren wegen diverser Straftaten verurteilt, darunter auch der spektakuläre Goldmünzen-Diebstahl aus dem Bode-Museum. Und schon direkt nach dem Tod der Frau musste die Polizei am Donnerstag auf dem Grundstück einer Villa die Einhaltung der Corona-Regeln durchsetzen. Sie leitete gegen 47 Menschen Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen die Abstandsregeln ein.

Das Polizeiaufgebot wäre vermutlich auch ohne Corona groß ausgefallen

So sah die Beerdigung von Nidal R. 2018 aus: Zahlreiche Trauergäste bei der Trauerfeier auf dem Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhof in Schöneberg. Nidal R. wurde auf offener Straße erschossen. (Foto: Paul Zinken/dpa)

Vermutlich wäre das Polizeiaufgebot aber auch ohne die Corona-Krise groß ausgefallen: Auf dem Schöneberger Friedhof hatte es bereits im September 2018 einen großen Auflauf von Menschen aus der Clanszene gegeben. Bei der Beerdigung des erschossenen Berufskriminellen Nidal R. kam es dort zu einem Aufmarsch von 2000 Männern aus Großfamilien und der organisierten Kriminalität. Auch damals bewachten zwei Hundertschaften der Polizei und weitere Einheiten die Zufahrten, Zugänge und das Geschehen.

Im Gegensatz dazu waren bei der Beerdigung am Montag wegen der Corona-Krise jedoch nur 60 Trauergäste zugelassen, die sich auch nicht gleichzeitig auf dem Friedhof aufhalten durften. Jeweils 20 konnten nacheinander das Gelände betreten, sagte ein Polizeisprecher.

Im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses sprach Polizeipräsidentin Barbara Slowik später von einer ruhigen und verhaltenen Atmosphäre bei der Beisetzung. Mit Durchsagen seien die Trauernden darauf hingewiesen worden, dass Versammlungen derzeit nicht erlaubt seien. Eine Strafanzeige hat es am Montag aber dann doch noch gegeben, so ein Polizeisprecher. Die Anzeige richte sich gegen einen Trauergast, der vor dem Friedhof zwei Journalisten bespuckt haben soll.

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