Amoklauf in Belgrad:13-Jähriger richtet Blutbad an seiner Schule an

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Die Polizei in Belgrad führt den Tatverdächtigen ab. Er soll für das Blutbad an einer Schule mit insgesamt neun Toten verantwortlich sein. (Foto: Uncredited/dpa)

Ein Schüler tötet in der serbischen Hauptstadt neun Menschen. Zuvor hatte er sich die Namen seiner geplanten Opfer notiert und alarmierte dann selbst die Polizei.

Von Florian Hassel, Belgrad

Die Grund- und Mittelschule Vladislav Ribnikar im Zentrum von Belgrad gehört zu den angesehensten der serbischen Hauptstadt. Minister, Fernsehstars und Schriftsteller schicken ihre Kinder auf die bis zur 8. Klasse unterrichtende Schule mit erweitertem Französischunterricht. Der 13 Jahre alte Kosta K. geht in die 7. Klasse, Berichten von Mitschülern in Belgrader Medien zufolge war er ruhig, nahm oft an Wettbewerben teil und glänzte mit hervorragenden Noten. An diesem Mittwochmorgen richtete er an seiner Schule ein Blutbad an, bei dem neun Menschen ums Leben kamen.

Gegen 8.40 Uhr begann er am Eingang Streit mit dem Portier, berichten Augenzeugen. Er zog eine Pistole und erschoss den Mann. Danach eröffnete K. das Feuer auf danebenstehende Mädchen, wie eine überlebende Schülerin dem Infodienst Nova berichtete. Zwei von ihnen starben, die Schülerin, die mit K. in eine Klasse ging, überlebte, weil sie sich fallen ließ und tot stellte.

Sein Spitzname lautete: Streber

K. ging in ein Klassenzimmer, in dem eine 43 Jahre alte Geschichtslehrerin unterrichtete. Der Schriftsteller Dušan Nedeljković, dessen Sohn sich in diesem Klassenzimmer aufhielt und überlebte, berichtete ebenso wie der Vater einer überlebenden Schülerin, Milan Milosević, Belgrader Medien, dass K. zuerst auf die Lehrerin schoss und dann auf seine Mitschüler. Fünf Schüler starben.

Mitschülern zufolge hatte der mutmaßliche Todesschütze den Spitznamen "Streber", weil er nur Bestnoten bekam. Doch er soll über eine schlechte Note im Geschichtsunterricht erzürnt gewesen sein. Schriftsteller Nedeljković berichtete im Fernsehsender K1, seinem Sohn zufolge sei K. von Mitschülern misshandelt worden und auf Bestreben seiner Eltern von der ersten in die zweite Schulschicht geschickt worden - serbische Schulen unterrichten oft in einer Morgen- und einer Nachmittagsschicht. Belgrads Polizeichef Veselin Milić zufolge hatte K. auf einem Zettel handschriftlich die Namen seiner geplanten Opfer notiert - und rief nach dem Blutbad selbst die Polizei an, um sich zu stellen.

Der Polizei zufolge starben neben dem Portier acht Schüler. Sechs verletzte Schüler und die angeschossene Geschichtslehrerin wurden in Belgrader Krankenhäuser eingeliefert; mehrere schweben in Lebensgefahr. Die Regierung rief von Freitag an dreitägige Staatstrauer aus. Laut lokalen Medien ist das Blutbad der erste Schul-Amoklauf im Land, bei dem Menschen ums Leben gekommen sind.

Serbien hat scharfe Waffengesetze, doch gleichwohl als Erbe der Kriege auf dem Balkan eine hohe Zahl nicht registrierter Waffen. 2018 wurde dem Small Arms Survey zufolge geschätzt, dass auf 100 Serben 39 Waffen kämen - die weltweit höchste Zahl nach den USA, Jemen und Montenegro. Schüler K. nutzte der Polizei zufolge die Waffe seines Vaters für den Massenmord.

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