Grenzregion nahe Iran:Afghanistan: 2000 Tote nach mindestens acht Erdbeben

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Afghanen in den Trümmern eines Hauses im Dorf Sarbuland in der Provinz Herat. (Foto: MOHSEN KARIMI/AFP)

Mehrere Stöße innerhalb kurzer Zeit ziehen in der Provinz Herat an der Grenze zu Iran schwere Zerstörungen nach sich. Menschen fliehen aus ihren Häusern, die Behörden befürchten viele Opfer.

Mindestens acht Erdbeben innerhalb kurzer Zeit haben am Samstag die afghanische Provinz Herat an der Grenze zu Iran erschüttert. Nach Einschätzung der Regierung sind dabei rund 2000 Menschen ums Leben gekommen. Das bestätigte ein Talibansprecher der Deutschen Presse-Agentur. Die Zahl war zuletzt immer weiter gestiegen, zunächst waren die Vereinten Nationen (UN) von etwa 100 Toten ausgegangen, später sprach die Hilfsorganisation Roter Halbmond von 500 Opfern. Zudem seien in der betroffenen Region Hunderte Häuser zerstört worden, teilte das UN-Nothilfebüro OCHA mit.

Die Beben, deren heftigstes eine Stärke von 6,3 erreichte, trafen am Samstag vor allem den Bezirk Sinda Dschan in der Provinz Herat. Auch in den Provinzen Fara und Badghis bebte die Erde, von dort gab es Berichte über Zerstörungen, aber keine Informationen zu Todesopfern. Viele Gebiete in Afghanistan sind über Straßen nicht zu erreichen, die Dörfer liegen weit verstreut, ihre Gebäude sind oft aus Lehm gebaut.

Afghanistans Katastrophenschutz hatte nach den starken Erdbeben zuvor bereits Hunderte Todesopfer befürchtet. Sieben Dörfer in der stark betroffenen Grenzprovinz seien komplett zerstört worden, sagte ein Sprecher des nationalen Katastrophenschutzes. "In einigen Dörfern lebten bis zu 1000 oder mehr Menschen. Es waren 300 Häuser. Nur 100 Menschen überlebten", sagte der Sprecher. Bestätigt wurden bisher offiziell jedoch nur 15 Tote. Viele Bewohner werden unter Trümmern vermutet.

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Die US-Erdbebenwarte USGS bezifferte die Stärke der Erdstöße auf Werte zwischen 4,6 und 6,3. Sie ereigneten sich am Morgen nordwestlich der afghanischen Grenzstadt Herat, in einer geringen Tiefe von rund zehn Kilometern.

Laut einem Sprecher der in Afghanistan herrschenden Taliban wurden Militär- und Rettungsorganisationen angewiesen, in die betroffene Erdbebenregion zur Hilfe zu eilen. Krankenhäuser stellten sich demnach auf zahlreiche Verletzte ein.

Die Menschen strömten aus Angst vor einstürzenden Häusern auf die Straße

Videos in den sozialen Medien zeigten verwüstete Dörfer mit Trümmerhaufen, unter denen auch zahlreiche Opfer vermutet werden. In der Provinzhauptstadt Herat strömten aus Sorge vor Gebäudeeinstürzen Menschenmassen auf die Straßen, wie Bewohner berichteten. Ein Bewohner der afghanischen Provinz Herat berichtete von den starken Beben: "Wir sind aus den Gebäuden geflohen", sagte der Mann. "Alle sind auf freiem Feld und niemand weiß, was mit ihren Häusern passiert ist." Mehr als zwei Millionen Menschen sind in der afghanischen Grenzprovinz zu Hause.

Auch im Nachbarland Iran waren die Beben zu spüren. Bewohner der rund 300 Kilometer von der Erdbebenzone entfernten Millionenmetropole Maschhad in Iran erzählten, dass Häuserwände gezittert hätten. Laut iranischen Staatsmedien wurden Teams zur Inspektion möglicher Schäden in Grenzgebiete geschickt. Es habe Dutzende Nachbeben gegeben.

Immer wieder kommt es zu schweren Erdbeben in der Region, wo die Arabische, die Indische und die Eurasische Platte aufeinandertreffen. Bei einem verheerenden Erdbeben kamen 2022 in Afghanistan mehr als 1000 Menschen ums Leben. Nach mehreren Jahrzehnten Konflikt sind viele Häuser schlecht gebaut. Erdbeben richten daher oft große Schäden an.

© SZ/dpa/Reuters/lsng/che/nta - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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