Italien:Tod einer Youtube-Bärin

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"Amarena" und ihre Jungen Anfang November in San Sebastiano dei Marsi. (Foto: UGC/dpa)

Ein Grundstücksbesitzer fühlt sich bedroht und schießt auf eine landesweit bekannte Bärin. Der Regionalpräsident sieht die Tat "durch nichts gerechtfertigt". Nun läuft die Suche nach zwei Jungtieren.

Von Marc Beise, Rom

Bären und Menschen finden in den italienischen Bergen einfach nicht mehr zusammen. Nachdem im Trentino immer noch der Streit tobt zwischen Tierschützern und Anwohnern über die Frage, was mit den Bären geschehen soll, die sich dort ausgebreitet haben und gelegentlich Menschen angreifen, ist jetzt umgekehrt in Mittelitalien im Abruzzen-Nationalpark eine Bärin Opfer menschlicher Gewalt geworden.

Die Braunbärin "Amarena", benannt nach ihrer angeblichen Vorliebe für die Schwarzkirsche, war in der Gegend um San Sebastiano dei Marsi populär geworden, weil sie immer wieder friedlich mit ihren zwei Jungen durch die Dörfer schlenderte; im Internet gibt es dazu nette Filmchen über die kleine Bärenfamilie, die als harmlos galt. In der Nacht zum Freitag nun wurde die Bärin außerhalb des Parks mit Schusswunden tödlich verletzt aufgefunden, wie die Parkverwaltung mit großem Bedauern auf Facebook mitteilte; nach ihren beiden Jungen wird seitdem gesucht.

Die Polizei ermittelte den Schützen und nahm ihn zum Verhör mit. Er gab an, dass die Bärin auf seinem Grundstück unterwegs gewesen sei und er sich bedroht gefühlt habe. Er habe aus Angst mit seiner Schrotflinte geschossen, das Tier aber nicht töten wollen.

Die Parkleitung reagierte empört, es habe keinen Grund gegeben, die Bärin zu töten. Sie habe Schäden in der Viehzucht und in der Landwirtschaft verursacht, sei für Menschen aber nie eine Gefahr gewesen. Ihr Tod sei ein schwerer Verlust auch deshalb, weil "Amarena" eine besonders fruchtbare Bärin gewesen sein, der Nationalpark beklagt einen Rückgang der Population. Es werden dort noch 60 Bären der seltenen Art "Marsische Baunbären" gezählt, vor einigen Jahren waren es noch 100.

In der italienischen Bevölkerung ist eine harte Linie gegen Bären populär

100 Bären, dort mit steigender Tendenz, gibt es auch im Trentino, wo sich die Situation ganz anders darstellt. Dort waren Anfang des Jahrtausends Bären in einem EU-Projekt ausgewildert worden, die sich dann unerwartet stark vermehrt haben und sich auf einem eher kleinen Gebiet aufhalten. Dadurch kommt es immer wieder zu Begegnungen mit Menschen und auch zu Angriffen der Bären auf diese. Die Bärin JJ4 "Gaia" hatte Anfang April den 26-jährigen Jogger Andrea Papi in Caldes angegriffen und getötet. Sie wurde später gefangen und wartet nun in einem Notfallgehege auf die Entscheidung, ob sie in ein Reservat in Rumänien ausgeliefert wird.

Der Fall ist hochpolitisch, weil die Forstverwaltung und auch die Regionalregierung die Auffassung vertreten, dass gewalttätige Bären getötet werden müssen, wenn das Zusammenleben der wilden Tiere und der Menschen unter Kontrolle bleiben soll. Regionalpräsident Maurizio Fugatti hatte mehrfach die Erschießung der Bärin angeordnet, war aber vom Umweltministerium in Rom und auch von Gerichten daran gehindert worden. In der italienischen Bevölkerung ist eine harte Linie gegen die Bären populär, Tierschützer halten vehement dagegen.

Das Thema hat es auch in die erste Kabinettssitzung nach der Sommerpause der Regierung von Giorgia Meloni in Rom geschafft. Der stellvertretende Ministerpräsident, Lega-Chef Matteo Salvini, macht sich die Position der Regionalverwaltung im Trentino zu eigen und forderte, die Kompetenzen zum Umgang mit den Bären in die Regionen zurückzuverlagern; die Regierung muss darüber nun entscheiden.

In den Abruzzen dagegen ist Fugattis Kollege, Regionalpräsident Marco Marsilio, ganz anders unterwegs. Er nannte die Tötung von "Amarena" durch nichts zu rechtfertigen und forderte "die örtlichen Gemeinden und alle Touristen auf, weiterhin alle Regeln einzuhalten, damit die Tiere in diesem Gebiet ungestört leben können."

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