Neuseeland:USB-Stick in Seeleoparden-Kot: Das Rätsel ist gelöst

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Süße Augen, robuster Magen: Seeleopoarden tauchen neuerdings häufiger an Neuseelands Küsten auf. (Foto: imago)

Krista Hupman wollte eigentlich nur die Exkremente des Tieres untersuchen. Die Detektivgeschichte, die dann begann, erzählt sie im SZ-Interview.

Interview von Hannes Vollmuth

Es war ein nationales Ereignis in Neuseeland: Das Forschungsinstitut NIWA aus Wellington bat alle Bürger um Hilfe. Gesucht wurde ein USB-Stick-Besitzer.

SZ: Frau Hupman, Sie sind Meeresbiologin in Wellington, und die halbe Welt spricht jetzt von Ihrer Arbeit.

Krista Hupman: Wir haben gerade 80 eingefrorene Proben von Seeleoparden-Kot wieder aufgetaut. Wir wollen nämlich wissen, warum diese Tiere gehäuft an unseren Küsten auftauchen. Hat womöglich mit veränderten Nahrungsgewohnheiten zu tun. Jedenfalls haben wir einen USB-Stick in einer der Kotproben gefunden.

Einen USB-Stick?

Genau. Schwarz, 16 Gigabyte Speicherkapazität, die Schutzkappe war noch dran.

Hat er noch funktioniert?

Ein Student kam in mein Büro gerannt und hielt mir das Ding unter die Nase. Gott, hat das gestunken. Ich habe ihn sofort in meinen Computer gesteckt.

Und?

Hat nicht funktioniert. Der lag ja auch irgendwo im Sand, wurde gefressen, verdaut, ausgeschieden, eingesammelt und am Ende auch noch eingefroren.

Sie haben aufgegeben?

Wo denken Sie hin! Ich habe das stinkende Teil gereinigt, in einen Plastikbeutel mit Sägespänen gepackt und drei Wochen lang geföhnt. Dann ging er wieder.

Spannen Sie uns nicht auf die Folter.

Drei Wochen lang habe ich mir den Kopf zerbrochen, was wohl darauf ist. Vielleicht etwas total Stinklangweiliges, Hochzeitsfotos oder so. Und dann mache ich den Stick auf und sehe: Bilder und Videos von Seelöwen. Es wurde immer irrer.

Wer verliert einen Stick mit Seelöwen-Fotos in der Nähe eines Seeleoparden?

Das haben wir uns auch gefragt. Wir hatten den Seeleoparden-Kot ja schon länger. Im Herbst 2017 hat eine Frau aus der Porpoise-Bucht bei uns angerufen, die liegt am südlichsten Zipfel von Neuseeland. Die Frau hat gesagt: Da ist ein Seeleopard, aber er schaut nicht gut aus. Also haben wir einen Tierarzt hingeschickt. Der Tierarzt hat auch den Kot mitgebracht.

Es war der Tierarzt!

Haben wir erst auch gedacht. Aber der Tierarzt hat Stein und Bein geschworen, diesen USB-Stick noch nie im Leben gesehen zu haben. Also haben wir einen Aufruf gestartet: Wem gehören diese Bilder?

Und?

Hat sich niemand gemeldet. Alle haben wie wild berichtet, aber keine heiße Spur. Jetzt halten Sie sich aber fest: Wir haben den Besitzer gefunden. Am Donnerstag.

Nein!

Doch. Es war die Frau aus der Bucht, die uns anrief, weil sie den Seeleoparden gesehen hatte. Die Frau arbeitet auch als Freiwillige für die Seelöwen-Stiftung Neuseelands. Deshalb der USB-Stick, deshalb die Bilder. Aber es geht noch weiter.

Es geht noch weiter?

Das letzte Geheimnis ist jetzt, dass wir gar nicht wissen, ob der Seeleopard den USB-Stick überhaupt gefressen hat. Vielleicht war es auch ein anderes Tier, ein Vogel zum Beispiel, und der Seeleopard hat dann den Vogel gefressen. Verdauung zweiter Ordnung sozusagen.

Auf jeden Fall ein robuster Tiermagen.

Stimmt. Viele Tiere verenden ja elendig an dem ganzen Plastik in ihren Mägen. Jetzt lassen wir mal die Detektivgeschichte beiseite: Ein USB-Stick, Plastik generell, gehört nicht in einen Seeleoparden.

Gibt es auch Neuigkeiten vo n dem Tier?

Wurde schon lange nicht mehr gesichtet. Aber ich hoffe sehr, dass es ihm gut geht.

Krista Hupman, 34, ist Meeresbiologin. Sie arbeitet im NIWA-Institut in Wellington, Neuseeland. Seeleoparden sind Hupmans Spezialgebiet, was auch bedeutet, regelmäßig Exkrement-Proben nach Spuren zu durchsuchen. (Foto: Dave Allen/NIWA)
© SZ vom 09.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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