Fremde Wohnungsnutzung:Nachbarn sollen illegale Vermieter verpfeifen

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Solch eine Aussicht sollen Airbnb-Mitglieder in Zukunft nicht mehr ohne weiteres vermieten können. (Foto: Florian Peljak)
  • Die Münchner SPD möchte ein Online-Portal einführen, auf dem Wohnungen gemeldet werden können, die privat an Urlauber vermietet werden.
  • Das Amt für Wohnen und Migration würde dann Sonderermittler einsetzen, die die Anzeigen verfolgen.
  • Kritiker bezweifeln die Wirksamkeit solch eines "Petz-Portals".

Von Heiner Effern, München

Die SPD will Vermieter illegaler Ferienwohnungen mit einer eigenen Plattform im Internet jagen. Münchner sollen dort anonym verdächtige Nachbarn melden. Sonderermittler des Amts für Migration und Wohnen sollen diese Anzeigen dann verfolgen.

"Es hat sich ein schwarzer Markt entwickelt, in dem sich Vermieter gut bewegen können. Denen wollen wir auf die Schliche kommen", sagt Christian Müller, sozialpolitischer Sprecher der SPD im Stadtrat. Dies sei nötig, um ein Massen-Phänomen einzudämmen: Auf Internet-Portalen wie Airbnb oder Wimdu bieten immer mehr Münchner Wohnungen an, die nicht für den Tourismus zugelassen sind.

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Dieser Entwicklung liegt eine einfache Rechnung zugrunde: Die Besitzer kassieren von Touristen oft doppelt oder dreimal so viel wie von regulären Mietern. Da diese Unterkünfte zugleich vom Markt verschwinden, erhöht das den Druck auf Wohnungssuchende und die Preise.

Höchststrafen von bis zu 50.000 Euro

Laut einer Studie des Immobilienentwicklers GBI übernachten in München pro Jahr etwa 1,9 Millionen Besucher in gut 4300 Quartieren, die über Internetportale vermittelt werden. Sind diese dafür nicht ausgewiesen, spricht man von einer Zweckentfremdung. Im vergangenen Jahr entdeckten die Ermittler des Wohnungsamts 237 Fälle, in denen die "illegale Nutzung entdeckt, beendet und der Wohnraum wieder Wohnzwecken zugeführt wurde", wie ein Sprecher sagt. Einmal wurde in diesem Jahr die Höchststrafe von 50 000 Euro verhängt. Die kleine Zahl der Ermittler und das komplexe Verfahren machen den Kampf gegen illegales Vermieten schwierig.

Das Ermittler-Team verfügt nur über 4,5 Vollzeitstellen. "Zwei bis fünf Stellen wären noch nötig", sagt SPD-Politiker Müller. Diese nähme die dafür verantwortliche Sozialreferentin Brigitte Meier sicher gerne. Ihre Begeisterung für die Meldeplattform im Internet hält sich dagegen offensichtlich in Grenzen. "Wir prüfen den Vorschlag", erklärt sie auf Anfrage. Und kein Wort mehr. In der Verwaltung gelten Bürger als Nachbarschafts-Ermittler als extrem unzuverlässig. Viel Arbeit, heißt es, aber wenig Ertrag.

Sozialpolitiker Müller lässt dieses Argument nicht gelten. Die SPD will die Münchner laut ihrem Stadtratsantrag ermuntern, Verdachtsfälle zu melden. Das müsse anonym möglich sein, weil sonst "Repressionen" der Nachbarn zu befürchten seien, sagt Müller. Dass die Münchner zu Spitzeln werden könnten, sieht er "unproblematisch". Niemand müsse sich Sorgen machen, "der sich an Recht und Gesetz hält. Sondern Leute, die das Gemeinwohl schädigen", sagt der SPD-Stadtrat.

Denn die Mieter illegaler Ferienwohnungen nutzten die Infrastruktur oft mehr als die Einheimischen, ohne dafür zu zahlen. Oftmals würden auch die Einnahmen aus dem Tourismusgeschäft am Finanzamt vorbeigeschleust. Sollten nun Bürger vermehrt Verdachtsfälle melden, könne das eine präventive Wirkung wie bei anonymen Anzeigen von Steuerbetrügern haben, hofft Müller.

In Berlin ist ein ähnliches Meldeportal schon online

Die Gefahr, dass zerstrittene Nachbarn ihre Dauerfehde um eine Denunziation bereichern könnten, hält Müller für "extrem unwahrscheinlich". Jedoch könnten Mieter illegaler Quartiere an einem klassischen Aufreger unter Nachbarn erkannt werden. "Oft ist da Halligalli bis zum Morgengrauen", sagt Müller. In Berlin ist ein ähnliches Meldeportal schon online. Allerdings erst seit kurzer Zeit, sodass noch "keine aktuellen Erfahrungen" vorlägen, sagt der SPD-Stadtrat.

Der Mieterverein München ist im April in der gleichen Richtung aktiv geworden. Er hat eine Adresse veröffentlicht, an die sich Münchner wenden sollen, die in ihrem Umfeld insbesondere sogenannte Medizin-Touristen vermuten. Dabei handelt es sich um Patienten von außerhalb, die sich längere Zeit in München behandeln lassen und dafür Wohnungen anmieten. Die Vereinsvorsitzende und SPD-Stadträtin Beatrix Zurek nennt es zwar eine "Gratwanderung", wenn Bürger aktiv zur anonymen Mitarbeit aufgerufen würden, hält es in diesem Fall aber für legitim.

"Es wird nur überprüft, ob das stimmt. Sonst passiert nichts." Man müsse das Netz schon sehr eng ziehen, um Übeltäter zu überführen. Denn die Internetportale bieten zwar Wohnungen an, nennen aber ohne Anmeldung meist keine genauen Adressen. Vermieter, die ohne Werbung ihr Quartier illegal vermieteten, seien ohne Hinweise von Nachbarn kaum zu ermitteln.

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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