Auf dem Klosterland:Ein Tümpel voller Leben

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Die Tümpelsafaris für Kinder, die das Zentrum für Umwelt und Kultur in Benediktbeuern anbietet, sind nicht nur beliebt, sie tragen auch zur Sensibilisierung bei. (Foto: privat/oh)

Bei einem Forschungsprojekt mit der TU München lässt das Zentrum für Umwelt und Kultur die Qualität von kleinen Bächen und Teichen untersuchen. Sie sind wichtig für die Artenvielfalt, werden aber immer seltener.

Von Petra Schneider, Benediktbeuern

Seit Jahrzehnten setzt sich das Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) in Benediktbeuern für den Erhalt naturnaher Lebensräume im Klosterland ein. Ein "Stiefkind" seien bisher allerdings die Gewässer gewesen, sagt ZUK-Rektor Pater Karl Geißinger. Dazu gehören der Dorfbach, der über das Klostergelände führt, ehemalige Entwässerungsgräben, die aufgestaut wurden und nun zur Wiedervernässung des Moors beitragen, künstlich angelegte Fischteiche und vor allem die vielen Tümpel, die das ZUK angelegt hat. Dass man nun Wissenschaftler der TU München gewinnen konnte, die sich der bislang vernachlässigten Erforschung der Gewässer annehmen, freut ihn.

ZUK-Rektor Pater Karl Geißinger liegen die Tümpel und Bäche auf dem Klosterland am Herzen. (Foto: Manfred Neubauer)

Es ist ein dichtes Netz von gut 20 Kleingewässern, die man vollständig nur aus der Vogelperspektive sehen kann, weil Zweidrittel versteckt in der Moorlandschaft liegen und der Natur überlassen werden. Pater Geißinger liegen die kleinen Tümpel und Bäche am Herzen, weil sie immer seltener werden, zugleich aber wichtige Lebensräume für verschiedene Arten sind. Mit Sorge beobachtet er, dass wegen der anhaltenden Trockenheit der Wasserspiegel auf ein Drittel gesunken ist - und das im Juni, "wo alle Tümpel normalerweise randvoll sind". Für das ZUK sei der ökologische Zustand der verschiedenen Habitate im Klosterland "mehr als ein Hobby", betont Geißinger.

Eine Woche lang haben sich Studierende und Dozenten vom Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie im Kloster Benediktbeuern einquartiert und Untersuchungen an verschiedenen Typen der dort vorkommenden Still- und Fließgewässer vorgenommen. Erste Ergebnisse sind ermutigend: Sowohl bei den Tümpeln, als auch den Bächen ist die Artenvielfalt hoch, der biologische Zustand gut. Man habe die typischen Organismen, die man in solchen Gewässern erwartet, auch nachgewiesen, sagt Josef Knott, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts mit Sitz in Freising, der zusammen mit seiner Kollegin Romy Wild das Projekt leitet. Etwa zehn verschiedene Fischarten habe man gefunden, erklären die promovierten Biologen. Darunter auch Goldfische, die vermutlich irgendwann im Dorfbach ausgesetzt wurden. Dass sie dort auch eine junge, erst vier Zentimeter große Forelle gefunden haben, sei ein gutes Zeichen. Denn Bachforellen bräuchten sauerstoffreiche Gewässer und Kiesböden, die nicht verschlammt sein dürfen, damit sie ihre Eier ablegen können. "Im Dorfbach können sie sich gut fortpflanzen", sagt Knott.

Larven, Würmer und Schnecken sind wichtige Indikatoren für die Güte des Gewässers

Für das eigens eingerichtete Labor haben die Wissenschaftler zwei VW-Busladungen mit Ausrüstung nach Benediktbeuern geschafft: Messgeräte, spezielle Fischgeräte und Käscher und Schlauchboote. Die vier Studierenden, die an dem Projekt teilnehmen, sitzen konzentriert an kleinen Wannen mit Tümpelwasser, die sie mit einer Pinzette nach "Makrozoobenthos" absuchen. Diese wirbellosen, tierischen Organismen, also etwa Larven, Würmer, Schnecken oder Krebstiere, sind mit dem bloßen Augen erkennbar und gelten als wichtige Indikatoren für die Güte eines Gewässers. "Das sind sehr sensible Arten, die nicht vorkommen würden, wenn das Gewässer stark mit Pestiziden, Düngemitteln oder Einleitungen von Kläranlagen belastet wäre", sagt Wild.

Die vergrößerten Bilder vom Binokular zeigen diese faszinierenden Tümpelbewohner: Köcherfliegenlarven zum Beispiel, die sich aus kleinen Steinchen oder Ästchen ein Schutzgehäuse bauen. Räuberische Libellenlarven mit Fangmasken, die sogar Kaulquappen erbeuten können. Oder die Larven von Eintagsfliegen, die monatelang, manchmal sogar Jahre in den Gewässern leben, ehe sie sich verwandeln und als erwachsene Tier dann nach wenigen Tagen sterben.

Die Bachforelle gilt als Indikator schlechthin für kalte, klare und sauerstoffreiche Bäche und Flüsse. (Foto: Andreas Hart/oh)

Dort, wo das ZUK vor gut 30 Jahren die Erlebnisbiotope angelegt hatte, wurden die Grünflächen zuvor jahrzehntelang intensiv landwirtschaftlich genutzt. Dass sich die Artenvielfalt erholt und sich die Gewässer in einem zufriedenstellenden Zustand befinden, zeige, "dass die Maßnahmen richtig waren", sagt Pater Geißinger. Mehr als 300 Hektar Grünland gehören dem Kloster Benediktbeuern, die vom ZUK bewirtschaftet werden, das Flächen an etwa 16 landwirtschaftliche Betriebe verpachtet. Sie müssen Auflagen einhalten: extensive Bewirtschaftung, weniger Tiere, Wiedervernässung der Moore. Nur noch einige wenige Flächen dürften mit Festmist gedüngt werden, Gülle sei verboten, sagt Geißinger. Wegen der niedrigeren Erträge gebe es Entschädigungen aus EU-Förderprogrammen. "Wir müssen schauen, dass es für die Bauern machbar ist." Denn Naturschutz und Landwirtschaft müssten an einem Strang ziehen, "das kann nur miteinander funktionieren".

Verursacher für die schlechte Wasserqualität mancher Flüsse und Bäche sei nicht nur die Landwirtschaft, betont Knott. "Es gibt viele Stressoren", vor allem auch struktureller Art - bei Flüssen etwa, die in enge Betonkorsetts gezwängt werden, wie die Loisach. So bleiben Überflutungen aus, auf die angrenzende Kleingewässer angewiesen seien. Auwälder verschwinden und Kiesflächen in Bächen verschlammen. Aus den Ergebnissen des Projekts, für das Sponsoren gesucht werden, sollen weitere Renaturierungsmaßnahmen abgeleitet werden. Pater Geißinger hofft, dass die Bedeutung von Kleingewässern stärker ins Bewusstsein rückt. Denn sie seien auch ein "Türöffner für das Interesse an der Natur", das beobachte er bei den Tümpelsafaris immer wieder. "Die Kinder vergessen ihr Smartphone, wenn man ihnen einen Käscher in die Hand drückt."

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