Großmetzgerei:Wursthersteller Sieber fand schon früher Listerien

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Bereits im November 2015 konnte ein Labor Listerien auf einem Sieber-Wammerl feststellen. (Foto: dpa)
  • Bereits im November wurden auf einem Wammerl von Sieber Listerien nachgewiesen.
  • Der Grenzwert sei jedoch nicht überschritten gewesen. Darum habe diese Probe nicht gemeldet werden müssen.

Von David Costanzo, München/Geretsried

Die Großmetzgerei Sieber hat offenbar länger Probleme mit Listerien als bislang bekannt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll bereits im November 2015 eine betriebseigene Kontrolle einen Nachweis der gefährlichen Bakterien ergeben haben - also sechs Monate, bevor die Gesundheitsbehörden die Produktion stoppten und einen Rückruf aller Waren anordneten. Doch diesen Befund musste Sieber damals nicht an die Behörden melden.

Die forschten zwar schon europaweit nach den Ursachen der steigenden Zahl von Listeriose-Erkrankungen und untersuchten akribisch die Patienten. Weit weniger genau verfolgten sie aber offenbar, woher die Lebensmittel kamen, an denen sich die Erkrankten infiziert haben könnten. Zwischen November 2015 und Mai 2016 erkrankten noch einmal zehn Menschen an Listeriose, zwei von ihnen starben.

Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen bestätigten den Befund vom November. Das von Sieber beauftragte private Labor habe auf einem Stück Wammerl Listeria monocytogenes gefunden. Der Grenzwert sei jedoch nicht überschritten gewesen. Darum habe diese Probe nicht gemeldet werden müssen. Aufgefallen sei sie erst nachträglich Mitte Mai 2016, nachdem eine zweite Wammerl-Probe von Sieber aufgetaucht war. Erst diese war hoch kontaminiert, zudem passte der Bakterienstamm mit großer Wahrscheinlichkeit zur bislang größten Erkrankungswelle durch Listerien in Deutschland.

Warum der Fund von November so brisant ist

Bis heute behaupten alle zuständigen Behörden, dass alle amtlichen Prüfungen zuvor unauffällig gewesen seien. Der Befund vom November ist daher brisant: Damals wussten die Gesundheitsbehörden längst um den Listeriose-Ausbruch und fahndeten nach dessen Ursache. Das zeigt ein wissenschaftlicher Artikel, an dem Experten des Berliner Robert-Koch-Instituts und das LGL in Oberschleißheim mitarbeiteten. Demnach war die Erkrankungswelle am 17. Juli 2015 in das europäische Warnsystem eingespeist und am 5. November aktualisiert worden.

Damals war von 66 Patienten und sechs Toten die Rede. Inzwischen sind es 76 Infektionen und acht Tote. Schon damals vermuteten die Experten, dass sich die Listerien über Lebensmittel einer überregionalen Supermarktkette verbreiteten. Die Experten forderten, dass Hygiene-Institute alle gefundenen Listerien an Speziallabore senden sollten, um den Bakterienstamm zu bestimmen. Diese Forderungen setzten aber die Behörden allem Anschein nach selbst nicht um. Weder forderten sie die eigenen Kontrollen der Lebensmittelbetriebe an, noch wurden Grenzwerte gesenkt oder außer Kraft gesetzt. Dabei ging der Amtstierarzt wöchentlich bei Sieber ein und aus

© SZ vom 20.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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