Kunstturm Wolfratshausen:Alles fliegt

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Birdman Hans Langner befreit Jesus vom Kreuz. (Foto: Hartmut Pöstges)

Was Birdman Hans Langner in die Hände fällt, verwandelt sich in strahlende Lebens- und Freiheitsfreude. In Wolfratshausen stellt er zusammen mit Paulo de Brito und Marko Novoselac aus.

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Hans Langner verleiht Flügel. Und dazu braucht er nicht einmal einen pappsüßen Energy-Drink. Er hat einfach jene Talente, die einen guten Künstler auszeichnen: Fantasie und Kreativität. Beim "Birdman", so sein Pseudonym, kommt freilich noch eine Riesenportion Humor und Lebensfreude dazu. So ist auch seine neueste Phase zu verstehen: Er nimmt, wann und wo immer er an ein Kruzifix rankommt, Jesus vom Kreuz ("Der hängt da schon 2000 Jahre, das reicht") und klebt ihm goldene Flügel an. Zu sehen demnächst im Kunstturm am Wolfratshauser Schwankl-Eck, wo "Birdman and Friends" ausstellen.

So kennt ihn das Publikum: Birdman mit Birds. (Foto: Hartmut Pöstges)

Abheben, fliegen, sich und andere befreien, Geist und Gedanken schweben lassen und sich daran erfreuen - das zeichnet alle Werke des Birdman aus. Sein Lebensthema sind die Vögel, die er mal schwarz-weiß, mal farbenfroh zeichnet und malt. Begonnen hat das alles vor 27 Jahren mit einer Performance in Hongkong. Hans Langner cremte seinen Körper mit Honig ein und ergoss die Federn eines Kissens über sich. Der Birdman war geboren.

Das Vogelhaus in Tölz. (Foto: Privat/oh)

Seitdem ist der Vogel sein Markenzeichen - auf Papier und Stoff, auf Heuballen und Geschirr, auf Schränken und Stühlen. Auch das Haus in Bad Tölz, das er einige Jahre lang bewohnte, war über und über mit Vögeln geschmückt - und wurde so berühmt, dass Langner damit sogar in einem Buch des Prestel-Verlags verewigt wurde. In "Künstlerhäuser: Wo Kunst entsteht. Jenseits der Norm" steht er in stolzer Reihe mit illustren Größen wie Albrecht Dürer, Eduard Monet, Francis Bacon, Andy Warhol und anderen.

Selbst aus einem Geweih kann ein gefiedertes Wesen werden. (Foto: Felicitas Amler/oh)

Aus seinem bewegten Schaffen mit vielen internationalen Stationen riss ihn eine lebensbedrohliche Erkrankung, die er mit unglaublicher, bewundernswerter Energie so weit überwand, dass er künstlerisch wieder fliegen kann. Mit dem bekannten Sujet und vielfältigen Techniken: Installationen, Collagen und Malerei auf Wandteppichen und Gobelins. Er wolle, so erklärt er, "die unsichtbaren Vögel sichtbar machen, indem ich den Hintergrund male - das Wesentliche, ich befreie die Vögel von den Wandteppichen". Und nicht nur das - beim Birdman verwandelt sich ein umgekehrt an die Wand gehängtes Geweih genauso in ein gefiedertes Wesen wie eben Jesus.

Alles Gold: Aus zwei Hufkratzern für Pferde macht Hans Lagner glänzende Kunst. (Foto: Felicitas Amler/oh)

Und so, wie er dem Vogel sein Leben lang treu bleiben werde, habe er nun die Farbe seines Lebens entdeckt, erklärt Langner: Gold. Birdman zeigt auf die Arbeiten, die er im Kunstturm präsentiert, und erklärt, was Gold für ihn bedeute: Glanz, Licht, Freude. Das Vergnügen daran lässt ihn selbst strahlen.

Zwei Freunde sind es, mit denen Hans Langner im Kunstturm ausstellt. Marko Novoselac, "ein sehr kreativer und begabter junger Künstler", so die Veranstalter, der Birdman bei seinem jüngsten Wien-Aufenthalt sofort aufgefallen sei. Einige Kunstwerke hätten die beiden gemeinsam gestaltet. Zu sehen war in der Pressekonferenz zur Ausstellung noch nichts. Angekündigt ist Novoselac als Maler und Graffitikünstler.

Paulo de Brito vor seinen Tusche-Arbeiten "R2-D1" und "R2-D2". (Foto: Hartmut Pöstges)

Anders beim zweiten Freund: Der Portugiese Paulo de Brito, der in Starnberg lebt und dort eine Galerie betreibt, hat seine Exponate bereits gehängt. Er zeigt auf der zweiten von drei Ebenen im Kunstturm ausschließlich Tusche-Arbeiten, überwiegend schwarz-weiß, nur selten mit dezent farbigem Hintergrund. De Brito, dessen Thema eigentlich die Farbe ist, wie er sagt, hat sich hier bewusst zurückgenommen. Nach den überwältigend farbenfrohen, goldstrahlenden Werken des Birdman im Eingangsbereich und ganzen Erdgeschoss will er dem Publikum eher Beruhigendes vor die Augen bringen. Mit der Tusche schafft de Brito abstrakte Werke, in denen man dennoch lesen - und wenn man Lust hat, auch Figuratives entdecken kann.

Unschwer zu erkennen, dass die beiden gute Freunde sind. Sie sind sich einig, wenn sie über das Wesen ihrer Kunst sprechen: "Freiheit und Respekt", sagt der eine; "ein freier Geist in der Welt sein", der andere. Sie scherzen und kichern zusammen, und sie haben gemeinsam für den Skulpturen-Wettbewerb "Landkreisspitzen - Landkreiskunst" im Schlosspark des Altenheims Garatshausen in Feldafing einen Beitrag geschaffen. "Wir passen so gut zusammen", sagt Langner. Als er de Brito kennenlernte, habe er sofort gewusst: "Das wird ein Freund auf Lebenszeit."

Paulo de Brito gibt auch Kunstunterricht an einer Schule in Pasing, einer Grundschule, wie er betont. Mit den größeren Jugendlichen könne er nicht arbeiten, erklärt er, weil sie nicht mehr so frei und ungezwungen ans Werk gingen: "Der Elefant kann bei ihnen nicht mehr fliegen." Erinnert das nicht an Picasso, der gesagt haben soll, er habe ein Leben lang gebraucht, um wieder zu malen wie ein Kind? Paulo de Brito lächelt sanft und zustimmend.

"Birdman and Friends": Hans Langner, Paulo de Brito, Marco Novoselac, Vernissage Donnerstag, 14. September, 19 Uhr; bis 15. Oktober, Donnerstag bis Sonntag 14 bis 18 Uhr. An allen Öffnungstagen arbeitet Birdman in der Ausstellung. Kunstturm, Obermarkt 33, Wolfratshausen. www.kunstturmwolfratshausen.de

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