Die Loisachstadt verändert sich:Mehr oder weniger im Fluss

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Was lange währt, wird auch mal schmuck: das neue Museum Wolfratshausen mit Tourist-Info und Kaffeehaus bei der Eröffnung im Februar. (Foto: Harry Wolfsbauer)

In Wolfratshausen hat sich 2023 einiges zum Guten getan. Vieles davon hat aber auch lange gedauert.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Mit dem zu Ende gehenden Jahr 2023 könnte man in Wolfratshausen durchaus zufrieden sein. Schließlich hat sich in der einst als "Stillstandshausen" verrufenen Stadt zwischen Loisach und Bergwald einiges zum Positiven entwickelt: Am Untermarkt 10 lockt seit Februar das generalüberholte Museum Wolfratshausen mit pädagogisch durchdachtem Neukonzept, repräsentativer Tourist-Info und dem modernen, aber heimeligen Café Velvet die Besucher an. Und gegenüber ist aus dem einstigen Isar-Kaufhaus, das erst lange leer stand und dann lange eine Ruine war, ein schmuckes Wohn- und Geschäftshaus geworden, in dem nun der mondäne neue Müller-Drogeriemarkt und seit Kurzem auch eine Arztpraxis untergebracht sind. Auf dem einstigen Kraft-Areal ist in Windeseile das Loisachquartier mit 117 Wohnungen und einem großen Edeka-Markt entstanden, und weiter unten an der Sauerlacher Straße hat die Maro-Genossenschaft das Alte Krankenhaus, einen lange vor sich hin bröckelnder Biedermaier-Bau, perfekt saniert und in das vom Stadtrat gewünschte Mehrgenerationen-Wohnprojekt samt Neubau integriert.

Man könnte also stolz auf das Fertiggestellte blicken und das neue Stadtbild genießen. Aber an Stillstand soll in Wolfratshausen auch nicht nur vorübergehend zu denken sein. Und so hat sich gleich wieder eine neue, gewaltige Baugrube mitten in der Stadt geöffnet: am Hammerschmiedweg, wo die Grund- und Mittelschule nun nach einigem Hin und Her endlich saniert und erweitert wird. Mindestens 50 Millionen Euro, vermutlich aber deutlich mehr, soll die Pflichtaufgabe kosten, die abschnittsweise bei laufendem Betrieb vorgenommen wird. Die Baustelle wird die Stadt noch viele Jahre prägen.

So gesehen passt der neue Slogan, den der Stadtrat nach langem Gefeile an der "kollektiven Dachmarke" im September beschlossen hat, prächtig: "Mächtig im Fluss" sind die Dinge in Wolfratshausen.

Das Loisachquartier mit Edeka an der Sauerlacher Straße gehört nun einem US-amerikanischen Immobilieninvestor. (Foto: Hartmut Pöstges)

So sehr, dass das Loisachquartier am Bahnhof auch schon wieder verkauft ist, noch bevor alle Wohnungen vermietet sind. Die Scherbaum Gruppe, die das größte Wohnprojekt der Stadt errichtet hatte, hat es wieder abgestoßen - und zwar an die "Invesco Real Estate", einen milliardenschweren börsennotierten Immobilieninvestor aus den USA. Der äußert sich auf Anfrage bislang nicht. Den Verkauf bestätigt der einstige Leiter des Projekts bei der Grünwalder AG, Frank Maiberger. Mehr will er dazu aber nicht sagen. Betreut wird das Objekt seit Neuestem von der Gebau GmbH mit Sitz in Düsseldorf. Doch auch da heißt es auf Nachfrage, dass man zum neuen Besitzer keine nähere Auskunft erteile.

Die Vermietung, für die nach wie vor das Wolfratshauser Maklerbüro Bartsch Immobilien zuständig ist, laufe gut, wie der Leiter des Unternehmens Carlheinz Bartsch berichtet. "Wir haben aktuell 88 der 117 Wohnungen fest vermietet", sagt er - mehr als 70 Prozent. Laut Website sind alle Einzimmerappartements bereits vergeben, es gibt noch vereinzelt Zwei-, einige Drei- und zahlreiche Vierzimmerwohnungen. Zum Beispiel eine mit 114 Quadratmetern Wohnfläche und Dachterrasse, die inklusive Nebenkosten und Garagenstellplatz für 2327 Euro im Monat angeboten wird. Günstiger bekommen die neuen Mieter die 29 Wohnungen des Komplexes, die laut städtebaulichem Vertrag nach den Kriterien einkommensorientierter Förderung vergeben werden. Nur noch fünf davon sind laut Bartsch noch nicht vermietet.

Parkplatz statt Parkhaus: Auf dem Hatzplatz bleibt alles wie gehabt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Veränderung gibt es auch ein Stück abwärts der Sauerlacher Straße: Am Wolfratshauser Bahnhof hat der McDonalds aus Mangel an Kundschaft geschlossen und mit ihm das öffentliche WC. Ein Bäcker und ein Bistro hatten schon vorher dicht gemacht, nur noch ein Kiosk ist im Bahnhofsbereich übrig geblieben. Wer auf die S-Bahn wartet, schaut in die Röhre, und bis der nächste Zug kommt, kann es in Wolfratshausen schon mal dauern. Nichts aber lässt so lange auf sich warten wie die S-Bahn-Verlängerung nach Geretsried. Hinter der steht die Stadt noch immer, wie Bürgermeister Klaus Heilinglechner gerade erst auf der Bürgerversammlung kurz nach dem Zweiten Advent auf Nachfrage von Dieter Klug betont hat. Auch Landrat Josef Niedermaier erklärte die Fortführung der Trasse nach Geretsried zum nach wie vor "wichtigsten Infrastrukturprojekt im Landkreis". Die Frage nach den Kosten konnten beide freilich nicht beantworten. Die letzte Schätzung stammt von 2009 und wird, so viel ist sicher, wohl bald deutlich übertroffen.

Mächtig im Fluss bleibt derweil an bestimmten Tagen der Parksuchverkehr in der Innenstadt. Denn ein Parkhaus, über das schon seit vielen Jahren diskutiert wird, ist noch immer nicht in Sicht. Das von der Stadt am Paradiesweg geplante hat das Verwaltunsgericht nach Klage der Anwohner kassiert und auch für den Hatzplatz wurde noch keine mehrheitsfähige Lösung gefunden. Die soll nun gleich zu Beginn des neuen Jahres gesucht werden, wenn der Stadtrat zum Thema Parkraumkonzept in Klausur geht. Auf der Agenda der Stadtentwicklung stehen schließlich noch einige Verschönerungsprojekte, für die es zusätzliche Stellplätze braucht: Bei der beschlossenen Umgestaltung der Marktstraße und des westlichen Loisachufers sind nämlich nicht mehr besonders viele abgestellte Autos vorgesehen.

Es soll ja weiterfließen in Wolfratshausen, damit die Stadt auch im kommenden und den darauffolgenden Jahren weiter schöner wird. Wie mächtig, wird sich zeigen. Dass auch ein Rinnsal über die Jahre etwas bewirken kann, hat das Jahr 2023 gezeigt. Der Spruch, dass steter Tropfen den Stein höhlt, gilt für Wolfratshausen eben ganz besonders. Nur als Slogan ist er halt nicht so knackig.

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