Ein langer Kampf in Wolfratshausen:Es geht doch!

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Noch steht der Bauzaun davor, aber man sieht doch, welches Schmuckstück dieses Denkmal für Wolfratshausen ist. (Foto: Hartmut Pöstges)

Jahrelang war zu befürchten, dass das denkmalgeschützte Alte Krankenhaus aus der Biedermeier-Zeit platt gemacht würde. Ein gemeinnütziger Bauherr beweist, dass Kultur und Ökonomie einander nicht ausschließen müssen.

Kommentar von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Nachlesen lohnt sich immer. Im Fall des denkmalgeschützten Alten Krankenhauses in Wolfratshausen bringt das Blättern im SZ-Archiv eine Erkenntnis zutage: Politiker können manchmal schon schlimme Ignoranten sein. Helmut Forster etwa, der in seiner Amtszeit als Wolfratshauser Bürgermeister lange daran festhielt, dass man den Biedermeierbau des Alten Krankenhauses getrost abreißen könne. Oder Landrat Josef Niedermaier, der sich in derselben Causa zu dem Ausruf hinreißen ließ: "Das Ding gehört weg!"

Und nun sehe man sich an, was ein sorgfältiger Bauherr - die Maro Genossenschaft für selbstbestimmtes und nachbarschaftliches Wohnen - und ein starkes Bauteam, geführt von Maro-Projektleiter Ralf Schmid und Architekt Florian Nagler, aus dem vermeintlich abrissreifen Gebäude gemacht haben. Es ist ein Schmuckstück im Wolfratshauser Stadtbild.

Vor zwölf Jahren aber herrschte in der Stadtpolitik die totale Gleichgültigkeit - um noch das mildeste Wort zu verwenden - gegenüber dem zweigeschossigen biedermeierlichen Walmdachbau mit profilierten Gesimsen aus den Jahren 1823/24. Dass das Gebäude an der Sauerlacher Straße 15 in der Denkmalliste aufgeführt wird; dass es ein seltenes Zeugnis eines frühen, ländlichen Krankenhausbaus in Oberbayern aus der Biedermeierzeit ist; dass es symbolisch für den vorbildlichen Gemeinsinn der Wolfratshauser Bürgergemeinde im frühen 19. Jahrhundert steht und den Aufbau sozial-karitativer Einrichtungen widerspiegelt; dass es von herausragender Bedeutung für die Sozialgeschichte ist, und zwar weit über Wolfratshausen hinaus - all diese Argumente, die der Hauptkonservator beim Landesamt für Denkmalpflege, der Historische Verein, der Landesdenkmalrat, die Kreisheimatpflegerin oder das Denkmalnetz Bayern vorbrachten, prallten an zwei banalen, fantasielosen Gegenargumenten ab: Zu teuer. Lohnt sich nicht.

"Districtskrankenhaus": Dieser Schriftzug, den die Planer auf einer alten Aufnahme entdeckten, ziert nun das sanierte Gebäude (Foto: Repro: Hartmut Pöstges/Maro / oh)
"Das Ding gehört weg"? Dieser Ausruf des Landrats hat sich wohl nach der sorgfältigen Sanierung erledigt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Areal, auf dem das Denkmal steht, müsse "verwertet" werden, forderte Bürgermeister Forster. Denn: "Wir müssen die Wohnungsnot bekämpfen und für die Sicherheit unserer Bürger sorgen. Das ist wichtiger als Denkmalerhalt." Wie schön, dass nun bewiesen ist: Man kann gleichzeitig ein Denkmal schützen und Wohnungen bauen. Genau so, wie die damalige Vorsitzende des Historischen Vereins, Sybille Krafft, es vorgeschlagen hatte: Alt und neu nebeneinander - sinnvoll in der Nutzung und dazu noch architektonisch reizvoll.

Glücklicherweise ist der Stadtrat dann doch auch auf diese Spur gekommen. Im Jahr 2014 konnte die SZ titeln: "Das alte Krankenhaus bleibt unversehrt", denn mit einem neuen Bebauungsplan war die Abrissgefahr abgewendet. Zwei Jahre später erwog die CSU, im und am Alten Krankenhaus Wohnraum zu schaffen. Ein Bauträger müsste allerdings viel investieren, erklärte damals ihr Sprecher Günther Eibl, denn das Haus sei baulich "ziemlich fertig" und stehe unter Denkmalschutz. "Ich ziehe vor jedem Investor den Hut, der den Mut aufbringt, sich hier zu engagieren", sagte Eibl damals. An seiner Stelle hat nun Bürgermeister Klaus Heilinglechner den Hut vor der Maro gezogen, die 2018 in das Projekt einstieg. Er zollte dem Bauherrn und den Gestaltern bei der Besichtigung Anfang dieser Woche "ein Riesenkompliment" und freute sich: "Das ist ein richtig gelungenes Stadthaus geworden."

Und genau so ist es. Es wäre wünschenswert, dass sich diese Geschichte ins Bewusstsein der Lokalpolitik, nicht nur in Wolfratshausen, einprägte. Denn vorschnell plattgemacht wird landauf, landab, wie die Negativauszeichnung "Abriss des Jahres" des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege eindrucksvoll zeigt. Am Beispiel des Alten Krankenhauses lässt sich dagegen beweisen, dass es auch anders geht. Man muss nur wollen und ein bisschen länger nachdenken, als es braucht, um "geht nicht" zu sagen.

Öffentliche Führung am Donnerstag, 15. Februar, um 15.30 Uhr. Anmeldung erbeten unter m.matejkova@maro-genossenschaft.de

www.maro-genossenschaft.de/termine/

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