Wolfratshausen/Dachau:Ein Beuerberger in Lansing

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Claus Steigenberger (re.) coacht hier Lotta alias Emma. Mit dabei: Tommy Schwimmer (Flori; li.) und Holger M. Wilhelm (Gregor). (Foto: Joachim Bischoff/oh)

Kabarettist Claus Steigenberger coacht die "Dahoam is dahoam"-Schauspieler

Von Sabine Näher, Wolfratshausen/Dachau

Der Beuerberger Kabarettist und Schauspieler Claus Steigenberger fühlt sich "dahoam", wo seine Sprache gesprochen wird. Und die bringt er als Schauspieler-Coach auch in die Dauerbrenner-Serie des Bayerischen Fernsehens "Dahoam is dahoam" ein. Ein Besuch am Drehort Dachau, wo der fiktive Ort Lansing liegt, zeigt Steigenberger in seinem Element.

"Mit der Lotta habe ich bisher noch nicht gearbeitet. Und Kinder zu motivieren ist ja immer eine besondere Herausforderung", sagt Steigenberger. Doch die siebenjährige Lotta Krebs in der Rolle der Emma, Tochter der Köchin Fanny im Brunnerwirt, ist schon ein kleiner Profi. Wie selbstverständlich erklärt sie, mit ihm im "stillen Zimmer" arbeiten zu wollen, als der Coach anbietet, im Foyer und damit in der Nähe der Mutter zu bleiben. Zum Aufwärmen eine kleine Unterhaltung, dann geht es los. Steigenberger erklärt ihr kurz nochmals die Situation, dann liest er den Text des Dialogpartners und Lotta antwortet, ohne ins Drehbuch zu schauen. Der Coach muss nur wenig nachhaken: "Wie findest du das, wenn der Flori dich da so grob wegschickt?" "Blöd!" "Genau - und das darf man dir ruhig auch ansehen." Als die beiden noch am Feilen sind, geht die Tür auf: Lottas Szene ist dran.

In der Gaststube des Brunnerwirts sitzen Regisseur Peter Zimmermann, Gregor, Fanny, Annalena und Flori - respektive die Schauspieler Holger M. Wilhelm, Katrin Lux, Heidrun Gärtner und Tommy Schwimmer. Steigenberger und Lotta setzen sich dazu. Nun wird der Text geprobt, mit Mimik und Emotion, aber noch ohne Aktion. Steigenberger nutzt jeden Moment Pause, um eine andere Betonung, eine längere Pause und dergleichen vorzuschlagen. Nach der Generalprobe fragt Zimmermann seinen Coach im Regieraum: "Claus, wie war's?" Der glaubt, noch einen Versprecher wahrgenommen zu haben, und eilt nochmals zur Szene. Dann wuseln die Maskenbildnerinnen herein, pudern, kämmen und richten, die Kameras werden in die Ausgangsposition gebracht, die Angel mit dem Mikrofon schwebt über dem Tisch. "Und Ruhe am Set! Und: Bitte!" Kurz darauf sind alle zufrieden. Diese Szene, oder dieses "Bild", wie es hier heißt, ist abgedreht.

"Um ein Bild zu drehen, ist eine halbe Stunde eingeplant", erklärt Steigenberger in der Mittagspause, die alle dringend benötigen, denn der Dreh beginnt um neun am Morgen geht mindestens bis sieben am Abend. "Ein solches Pensum schafft man nur mit absoluter Professionalität und bester Vorbereitung. Bei aller Konzentration muss es aber doch immer noch den einen oder anderen Moment geben, in dem man Spaß miteinander haben kann." Der Coach trägt dazu wesentlich bei. Die Schauspieler betonen, wie wichtig seine Arbeit für sie sei. "Das muss nicht nur Arbeit am Text sein", erläutert Steigenberger, "es ist auch sehr wichtig, dem Schauspieler ein angenehmes Gefühl zu vermitteln, Nervosität oder Angst zu nehmen." Und zu erfühlen, wie man auf jeden individuell eingehen kann. "Anfangs hat mich der eine oder andere schon spüren lassen, dass er es wenig schätzt, von mir Ratschläge zu bekommen." Mittlerweile ist Steigenberger aber auch als Schauspieler in die Serie eingestiegen, und das so erfolgreich, dass der letzte Zweifel an seiner Kompetenz ausgeräumt ist. Er spielt den Bauer Gschwendtner: "Ein richtig mieser Kerl. Ich habe ihm Kantigkeit verliehen, wobei ich auf die Beobachtung der Bauern meiner Umgebung, die ich seit der Kindheit machen konnte, zurückgegriffen habe."

Steigenberger ist in Beuerberg aufgewachsen, wo er heute im Haus seiner Eltern lebt. Der Dialekt begleitet ihn sein ganzes Leben lang, war auch in seiner Arbeit immer präsent. Als Schüler am Katholischen Seminar in Waldram hat er mit dem Kabarett begonnen und dies auf einer Kleinkunstbühne in Wolfratshausen fortgeführt. Zum Schauspiel fand er als Student der Theaterwissenschaft und Pädagogik in München. Später kam die Regie dazu. Als Steigenberger erfuhr, der BR plane eine neue Serie, bewarb er sich als Schauspieler. "Eine Serie in bairischer Sprache, die im Wirtshaus spielt, für die ganze Familie - das wär's doch!" Er hat auf diese Bewerbung nie eine Antwort bekommen. Als Sprach-Coach hat ihn später Produzent Markus Schmidt-Märkl verpflichtet. Und jetzt kommt sein fieser Bauer so gut an, dass er eigentlich eine größere Rolle in der Geschichte bekommen sollte, was nun mit seiner Aufgabe als geschätzter Sprechtrainer kollidiert.

© SZ vom 14.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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