Nach der Klage der Gemeinde Greiling:Asyl-Eilentscheidung verärgert den Landrat

Lesezeit: 2 min

Bei der Ankündigung der Zuweisungen im vergangenen Sommer waren sich Landrat Josef Niedermaier (rechts) und Bürgermeister-Sprecher Stefan Fadinger erkennbar nicht ganz einig. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Laut Josef Niedermaier lassen sich Asylbewerber nur mit Mitwirkung der Gemeinden unterbringen. Er will abwarten, inwiefern das Verwaltungsgericht den Zuweisungsstopp nach Greiling bestätigt.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolratshausen

Für die Kreisbehörde bleibt die Situation nach der Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts München, wonach das Landratsamt der Gemeinde Greiling zunächst keine Geflüchteten mehr zuweisen darf, unverändert. Laut der Pressestelle kommt aktuell alle zwei Wochen ein Bus mit 50 Personen im Landkreis an, die untergebracht werden müssen.

Niedermaier reagiert auf Facebook

Auf Facebook teilt Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) mit, er nehme die Entscheidung zur Kenntnis und werde sie überprüfen. Gleichzeitig äußert er sich verwundert und verärgert. "Wir werden ohne eine weitreichende Mitwirkung der Gemeinden sehr schnell keine Menschen mehr unterbringen können, und ich frage mich, wie wir die Aufgabe dann bewältigen sollen", schreibt Niedermaier. Letztlich müssten die Unterkünfte immer in den Gemeinden sein. "Wo denn sonst?" Er frage sich, ob tatsächlich im Oberland jemand auf der Straße schlafen solle, weil keine gemeinschaftliche Lösung geschafft und diese offenbar in Teilen nicht gewollt werde.

Die Möglichkeiten des Landratsamts, in Eigenregie Geflüchtete unterzubringen, seien ausgereizt - darauf hat Niedermaier bereits wiederholt hingewiesen. Im vergangenen Sommer kündigte er an, von Herbst 2023 an vermehrt Geflüchtete den Kommunen zuzuweisen. Das sollte quotiert nach dem Königsteiner Schlüssel geschehen. Auf dessen Basis zählt die Gemeinde Greiling zu den Untererfüllern. Nur wegen der schweren Hagelunwetter um Benediktbeuern und Kochel am See wurden die Zuweisungen Geflüchteter in den Landkreis bis zum Jahreswechsel 2023/2024 ausgesetzt.

Gleichwohl klagte die Kommune Greiling dagegen - und war zumindest vorerst erfolgreich. Laut der Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts München ist es Aufgabe des Freistaats Bayern, Asylbewerber aufzunehmen und unterzubringen. Das bayerische Aufnahmegesetz verpflichte Kommunen nur, "bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerberleistungsberechtigten durch die Landratsämter" mitzuwirken. Das reiche "voraussichtlich nicht so weit", dass das Landratsamt diese Menschen zuweisen könne, so das Verwaltungsgericht München.

Bürgermeister-Sprecher Fadinger wartet ab

Inwiefern und ob dies Bestand hat, muss allerdings erst eine Hauptverhandlung klären. Dafür gibt es bisher keinen Termin. Erst anschließend lasse sich die Situation final beurteilen, sagt Stefan Fadinger (CSU/Freie Wählergemeinschaft), Bürgermeister von Gaißach und Sprecher aller Rathaus-Kollegen im Landkreis. "Bis dahin ist es wichtig, dass wir offen und ehrlich miteinander kommunizieren."

Einige Kommunen täten sich eben schwerer, Unterkünfte zu finden, so Fadinger. Aus seiner Sicht seien die Gemeinden nicht grundsätzlich unsolidarisch, Geflüchtete aufzunehmen. Die große Anzahl überfordere aber viele. Das werde von der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP in Berlin nicht gehört, sagt er. Konkrete Entscheidungen fehlten bislang.

Radwan schreibt an Mützenich

Das artikuliert Alexander Radwan (CSU), Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Bad Tölz-Wolfratshausen/Miesbach, in einem offenen Brief an den Fraktionsvorsitzenden der SPD im Bundestag, Rolf Mützenich. In seinem Wahlkreis hätten die Gemeinderäte Dietramszell, Greiling, Hausham und Warngau gegen den Bau von Asylbewerberunterkünften gestimmt beziehungsweise angekündigt, bei einer Zwangszuweisung von Asylbewerbern den Klageweg zu beschreiten. Diese Hilferufe der Basis, so Radwan, sollten Appell und Auftrag an die Bundesregierung sein, "endlich alles Erforderliche zu unternehmen, um gerade der illegalen Migration Herr zu werden".

Ines Lobenstein fordert Solidarität

Von einer Welt, die nur nach dem Solidarprinzip funktionieren kann, spricht dagegen Ines Lobenstein. Die Leiterin des Wolfratshauser Flüchtlingshelferkreises sagt, ihr Verständnis für die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts halte sich in Grenzen. "Es handelt sich um Menschen, die zu uns kommen." Ein Gemeinwesen funktioniere nicht, wenn alle nur auf ihren Rechten beharrten. Pflichten seien genauso entscheidend.

Unabhängig von der Klage will die Verwaltungsgemeinschaft Reichersbeuern, zu der auch Greiling zählt, bis Jahresmitte eine Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 250 Asylbewerber bereitstellen. Landrat Niedermaier kündigt an, er werde abwarten, bis diese bezugsfertig ist.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Unterbringung von Asylbewerbern
:Vorerst keine weiteren Geflüchteten nach Greiling

Verwaltungsgericht München gibt dem Eilantrag der Kommune statt und spricht von einem rechtswidrigen Eingriff des Landratsamts in das kommunale Selbstverwaltungsrecht.

Von Benjamin Engel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: