Umfahrung, Kreisel, neue Brücke:Der Verkehrsplan für Bad Tölz

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Der Verkehrsentwicklungsplan soll Bad Tölz für Autofahrer, Radler und Fußgänger attraktiver machen. (Foto: oh)

Bürger haben das Konzept gemeinsam mit Experten erstellt: Bad Tölz soll für Autofahrer, Radler und Fußgänger attraktiver werden. Welche Vorschläge der Stadtrat rasch realisieren will.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Ein Jahr und zwei Monate ist der neue Verkehrsentwicklungsplan schon alt, mit dem sich der Tölzer Stadtrat nun erstmals befasst hat. 2014 hatten sich im Schnitt 20 bis 30 Bürgerinnen und Bürger zusammengesetzt, um in vier Workshops die Verkehrssituation in der Kurstadt zu analysieren und Leitbilder zu zeichnen. Unterstützt wurden sie vom Münchner Büro Transver, das Basisdaten durch Kfz-Zählungen und Befragungen lieferte. Mitte November des selben Jahres folgte die Abschlusspräsentation. Das sei nicht weniger als 14 Monate her, kritisierte Franz Mayer-Schwendner (Grüne) am Dienstagabend im Stadtrat. Die Maßnahmen müssten jetzt zügig ins Werk gesetzt werden, "damit da was weitergeht". Die Umsetzung beschlossen die Stadträte daraufhin gegen die Stimme von Robert Paintinger (CSU), der sich als entschiedener Gegner der geplanten Nordumfahrung outete.

53 Vorschläge umfasst der 313 starke Verkehrsplan, davon wurden 15 mit hoher Priorität versehen. Daraus wählte die Verkehrskommission des Landkreises, der Vertreter der Polizei, des Straßenbauamtes Weilheim, der Stadt und des Landratsamtes angehören, wiederum sieben aus, die rasch realisiert werden sollten. Neben der Nordumfahrung, die sich bereits im Planfeststellungsverfahren befindet, zählen dazu ein Kreisverkehr an der Einmündung Nockhergasse, Hindenburgstraße und Wachterstraße, der Umbau des Moraltverteilers auf der Bundesstraße 13/Lenggrieser Straße, der Umbau des Max-Höfler-Platzes, der Ausbau des Radwegenetzes, ein Fußgängerleitsystem und eine bessere Information für Fahrgäste des öffentlichen Nahverkehrs.

Radfahrer

Das Fahrrad wird in Tölz selten benutzt. Nur acht Prozent der Verkehrsteilnehmer treten in die Pedale, wie das Büro Transver eruiert hat. Der Grund ist die Geografie. Die Kurstadt sei "zu steil zum Radfahren", sagte Ulrich Glöckl, Verkehrsplaner des Münchner Büros. Das gilt für den Weg von der Isarbrücke hinauf ins Bäderviertel, vor allem aber auch in der Gegenrichtung zur Innenstadt. Dort haben die Radler aber noch ein anderes Problem: Die Nockhergasse ist eine Einbahnstraße hinunter zur Isar, in der Fußgängerzone gilt ein Radfahrverbot. So bleibt ihnen nur die stark befahrene Osterleite, um im Sattel zum Bahnhof oder zur Flinthöhe zu kommen. Der Plan sieht vor, den Gehweg in der Nockhergasse entgegen der Einbahn-Richtung auf drei Meter zu verbreitern und für Radler freizugeben. Im Zentrum soll außerdem der Obere Schulgraben für sie zugänglich gemacht werden. Überdies soll eine Art Ringschluss um Tölz mit der Verlängerung des Radwegs an der Bundesstraße 472 und einer neuen Route entlang der Lenggrieser Straße entstehen (Foto Nummer 1 und 2). Mayer-Schwendner vermisste eine Lösung für die Jahnstraße. Entweder richte man dort eine Tempo-30-Zone ein oder behalte Tempo 50 bei, richte dann aber einen beidseitigen Radstreifen ein, forderte er.

Fußgänger

30 Prozent aller Verkehrsteilnehmer sind in Bad Tölz ohne Auto oder Fahrrad unterwegs. "Bad Tölz ist eine Stadt, wo die Leute zu Fuß gehen, weil es Spaß macht", sagte Glöckl. Deshalb sollen alle Gehwege in der Stadt möglichst barrierefrei gestaltet werden. Vorgesehen ist auch eine bessere Anbindung der Lettenholzsiedlung und der Flinthöhe an das Stadtzentrum (Nummer 3), das Fußgänger von dort bislang nur über den Weg entlang der Bundesstraße 472 und der Sachsenkamer Straße erreichen. Noch ist unklar, wie dieses Postulat genau umzusetzen ist. Wird die Nordumfahrung gebaut, entsteht nach den Plänen des Staatlichen Bauamts Weilheim ein Kreisverkehr an der Einmündung der Sachsenkamer Straße in die B 472. Die Situation wird für Fußgänger dadurch allerdings nicht leichter. Die Stadt fordert deshalb eine zusätzliche Querung südlich des Kreisels. Im Kurviertel soll die Gefahrenstelle vor der Tourist-Information für Passanten entschärft werden. Am Max-Höfler-Platz (Nummer 4), wo die Schützenstraße und die Ludwigstraße in die Arzbacher Straße führen, gibt es zwar gepflasterte Inseln auf der Fahrbahn. Die sind dem Verkehrsplan zufolge aber ungeeignet, um das Unfallrisiko für Fußgänger zu verringern. Deshalb sollen Querungshilfen etwas außerhalb dieses Verkehrsknotenpunkts entstehen.

Autofahrer

Im Stadtzentrum sollen die Ampeln an der Kreuzung der Nockhergasse, der Hindenburgstraße und der Wachterstraße verschwinden. Stattdessen soll dort ein Kreisverkehr angelegt werden (Nummer 5). Zu überlegen sei dann, "wie dort der Radfahrverkehr abgewickelt werden kann", sagte Bauamtsleiter Christian Fürstberger. Außerdem denke man an einen Ausbau der Hindenburgstraße. Eine Entlastung des Stadtzentrums soll außerdem eine dritte Brücke über die Isar bewirken, die südlich des Gewerbegebiets Farchet hinüber zur Königsdorfer Straße führt (Nummer 6). Autofahrer, die vom Westen oder Süden her kommen, müssten dann nicht mehr durch halb Tölz kurven, wenn sie auf die Staatsstraße 2072 in Richtung Geretsried wollen. Laut dem Büro Transver würden etwa 12 000 Fahrzeuge pro Tag über diese neue Brücke rollen. Die beiden anderen Brücken im Süden (Stadtzentrum, B 472) würden dadurch jeweils um circa 3000 Fahrzeuge entlastet, sagte Verkehrsplaner Glöckl.

Bus-Fahrgäste

Wer mit dem Bus durch Bad Tölz fährt, braucht viel Zeit. In den Workshops wurde deshalb der Ruf nach einem ganz anderen System mit kürzeren Verbindungen und einem dichteren Takt laut. Das ist allerdings kaum realistisch, weil der Stadtbus dazu vom Regionalbussystem abgekoppelt werden müsste. Der Kommune würde dies viel Geld kosten. Auf die Prioritätenliste schaffte es deshalb eine andere Forderung: Der Fahrgast soll besser informiert werden. Elektronische Anzeigen am Zentralen Busbahnhof (ZOB) am Isarkai (Nummer 7) und am Tölzer BOB-Bahnhof sollen ihn darüber unterrichten, wie viele Minuten er noch auf welchen Bus warten muss.

"Es gibt viel Arbeit für die Zukunft", fasste Verkehrsplaner Glöckl zusammen. Über all diese Maßnahmen sollen die Stadträte nicht in einem Gesamtpaket abstimmen. Sonst müssten sie sich für schätzungsweise 14 Tage in einer Klausur einsperren, meinte Bauamtschef Fürstberger. Die einzelnen Schritte sollen nach und nach vom Bauausschuss, respektive vom Plenum beschlossen werden. Für Mayer-Schwendner bietet das Gutachten zwar eine "gute Daten-Grundlage", die Empfehlungen auf der Prioritätenliste kritisierte er allerdings als bloße Platzhalter. Für die Grünen kündigte er an: "Unsere Anträge werden zügig kommen." Robert Paintinger verwies darauf, dass die geplante Nordumfahrung massive Probleme für die Ziele im Verkehrsplan aufwerfen werde. "Da liegt der Teufel gewaltig im Detail", warnte er.

Der Verkehrsentwicklungsplan ist im Internet veröffentlicht unter www.vep-toelz.de

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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