Reden wir über:Würmer in Tölz und der Jachenau

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Klaus Wittmann weiß, wo das Bairische an Grenzen stößt

Interview von Stephanie Schwaderer

In Bad Tölz wird wieder einmal gedreht: Bis Ende des Monats dienen Römergasse und Ellbachzeile, Marktstraße und das Areal um den Gasthof Zantl als Kulisse für neue Folgen der ZDF-Serie "Tonio & Julia". Laut einer Mitteilung der Stadt werden noch Komparsen gesucht, "die den Tölzer Dialekt beherrschen". Wodurch zeichnet sich dieser aus? Die SZ fragte bei dem Tölzer Sprecher Klaus Wittmann () nach, der sich zuletzt mit seinen bairischen Carl-Orff-Lesungen überregional einen Namen gemacht hat.

SZ: Herr Wittmann, woran erkennt ein Experte den Tölzer Dialekt?

Klaus Wittmann: Da muss ich erst einmal ein Geständnis machen: Ich bin gar kein Tölzer, sondern ein gebürtiger Münchner. Und zweitens würde ich sagen, einen Tölzer Dialekt gibt es so gar nicht mehr. Vielleicht hat es den früher einmal gegeben. Wenn Sie das genau wissen wollen, müssten'S meine Schwiegermutter, die Maria Zantl, fragen, die ist eine Instanz auf diesem Gebiet.

Hatten Sie je Verständigungsschwierigkeiten mit Ihrer Schwiegermutter?

Na (lacht). Ich lebe seit 18 Jahren in Tölz. Wenn ich die Heilige Nacht von Ludwig Thoma lese, die er ja angeblich in einem Lenggrieser Dialekt verfasst hat, bekomme ich immer wieder mal den Vorwurf von Tölzern zu hören, dass manche Passagen so Bairisch sind, dass man sie nicht verstehen kann.

Was wird denn in Bad Tölz gesprochen?

Ich würde sagen: der Isarwinkler Dialekt, allerdings in einer noch sehr schwammigen oder gepflegten Variante. Je weiter man in Richtung Lenggries oder Jachenau geht, desto verwaschener reden die Leut, was ich überhaupt nicht negativ meine. Aber man hört den Isarwinkler Dialekt dort viel stärker heraus.

Was genau hört man?

Zum Beispiel die Üs. Dazu gibt es eine kleine Anekdote. Der Lehrer bittet die Kinder, einen Satz mit dem Wort Würmer zu bilden. Der Tölzer Schüler sagt: Mit Würmer kann ma Fisch fanga. Der Lenggrieser sagt: Wenns wüarmer war, wars ned so koid. Und der Jachenauer: Würrmer nur so an Schmarrn verzähln ko. Und Schmarrrn mit drei R. Das R lassen sie nämlich auch gern raushängen.

Wie klingt es für Sie, wenn Schauspieler, die nicht aus Bayern kommen, versuchen, Dialekt zu sprechen?

Meistens fürchterlich künstlich. So, dass man sich denkt: Lass es lieber bleiben. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Jörg Hube, zum Beispiel, hat wunderbar Bairisch gesprochen - und kam aus Neuruppin. Die meisten Menschen lernen Dialekt nur, wenn zu Hause Bairisch gesprochen wird und wenn sie im Kindergarten und in der Schule auf Pädagogen treffen, die den Wert von Dialekt zu schätzen wissen.

Wer als Komparse bei "Tonio und Julia" mitwirken möchte, kann sich unter www.casting-glocker.de bewerben.

© SZ vom 12.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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