Prozess zum Doppelmord in Höfen:Bluttat im Drogenrausch

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Erstmals äußert sich der Neffe des mutmaßlichen Haupttäters zu der Mordnacht im Königsdorfer Weiler Höfen.

Von Andreas Salch, Königsdorf

In dem Prozess um den Raubmord in Höfen bei Königsdorf im Februar vergangnen Jahres hat am Montag der Neffe des mutmaßlichen Hauptangeklagten Robert P. erstmals Angaben zu den Vorwürfen aus der Anklage der Staatsanwaltschaft gemacht. Der 25-jährige Michal N. stellte den Einbruch in das Anwesen der 77-jährigen Veronika F. (Name geändert) am 22. Februar 2017 als eine Tat im Drogenrausch da. Zuvor will er im Abstand mehrerer Stunden insgesamt sechs Ecstasy-Tabletten geschluckt haben. Mit dem brutalen Mord an der 76-jährigen Inge B. und an dem 81 Jahre alten Johannes S., die Veronika F. damals zu Gast hatte, habe er nichts zu tun. Michal N. gab vor, bei der Tat eine ungeordnete Rolle gespielt zu haben.

Wenige Tage vor jenem 22. Februar sei er mit seinem Onkel Robert P. von Polen aus nach Strullendorf (Landkreis Bamberg) gefahren. Dort habe man sich mit Jakub G. getroffen, der mit auf der Anklagebank sitzt. Der 34-Jährige hatte in dem Prozess vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II zu Beginn des Verfahrens ausgesagt und seine Tatbeteiligung ebenfalls relativiert.

Die Staatsanwaltschaft hat gegen Jakub G., Robert P. und Michal N. unter anderem Anklage wegen Mordes aus Heimtücke und Habgier erhoben. Malgrozata L., die Mutter von Michal N., muss sich in dem Verfahren wegen versuchten Mordes und besonders schweren Raubes verantworten. Die 50-Jährige arbeitete bei Veronika F. als Pflegekraft. Sie soll ihrem Bruder vorgeschlagen haben, in das Anwesen der Witwe einzubrechen und sie auszurauben. Außer Schmuck, Münzen und zwei kleineren Goldbarren stahlen die Täter mindestens 60 000 Euro Bargeld.

Nach der Ankunft in Höfen habe Jakub G. das Auto auf einem Feldweg in der Nähe des Hauses von Veronika F. abgestellt, berichtete Michal N. Er habe im Fond gedöst und Musik gehört. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm nicht klar gewesen, "was ich alles machen werde", erklärte der 25-Jährige. Er sei in den Tatplan nicht eingeweiht worden. Vor der Abfahrt in Strullendorf sollen sein Onkel und Jakub G. zu ihm lediglich gesagt haben, "wir fahren, um etwas zu verdienen." Da er nicht allein in der Wohnung von Jakub G. habe zurückbleiben wollen, sei er eben nach Höfen mitgefahren, so N.

"Ich dachte, es ist nur in meinem Kopf."

Ob er sich denn gar keine Gedanken gemacht habe, fragte Richter Bott den Angeklagten, worauf dieser entgegnete: "Ich dachte, es geht darum, etwas zu stehlen." Er habe nicht einmal darüber nachgedacht, was und wie viel für ihn herausspringen werde, sondern nur auf seinen Onkel Robert P. gehört, behauptete Michal N. Zudem habe ihm das Ecstasy und die Amphetamine, die er vor der Tat konsumiert habe, stark zugesetzt.

Sein Onkel und Jakub G. seien als erste in das Haus eingestiegen. Er, so N., habe Jakub G. sogar noch darauf aufmerksam gemacht, dass im Obergeschoss Licht brenne. Darauf soll der 34-Jährige gesagt haben, dass Deutsche das so machten, "um Diebe abzuschrecken." Er sei davon ausgegangen, versicherte Michal N., dass sich niemand in dem Haus befinde.

Von den gewalttätigen Übergriffen auf Veronika F. und Johannes S. will er nichts mitbekommen haben. Er habe nur gesehen, wie sein Onkel auf Inge B. eingeschlagen habe. In dieser Situation habe er nicht gewusst, was er machen solle. "Ich war richtig schwer schockiert. Alles flog um mich herum. Meine Beine zitterten schrecklich", schilderte Michal N. dem Gericht seine Gefühle während der Tat. "Ich dachte, es passiert gar nicht wirklich. Ich dachte, es ist nur in meinem Kopf." Überall im Haus sei alles voller Blut gewesen. Er habe nur einen Gedanken gehabt: "So schnell als möglich weg." Ob man auf der Rückfahrt nach Strullendorf im Auto über das, was geschehen war, denn nicht geredet habe, fragte Richter Bott den 25-Jährigen. Michal N. verneinte und sagte: "Alle standen unter Schock."

© SZ vom 04.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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