Protest in Schäftlarn und Icking:Windräder entlang der Autobahn

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Bis zu sieben Anlagen könnten künftig in den Wadlhauser Gräben stehen. Die Bürger laufen Sturm. Was plant die Gemeinde Berg genau? Ein Überblick.

Isabel Meixner

In den Wadlhauser Gräben entlang der Autobahn könnten künftig bis zu sieben Windräder stehen. Gegen diese Pläne der Gemeinde Berg laufen die Bürger aus Schäftlarn und Icking jedoch Sturm, sie befürchten Schattenschlag, Lärmbelästigung und eine Wertminderung ihrer Häuser. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten:

Sieben Windkraftanlagen hoch über den Wadlhauser Gräben: Wie in dieser Collage könnte der Blick von der Autobahn aus über Neufahrn künftig aussehen, falls die Gemeinde Berg bei ihrem derzeitigen Flächennutzungsplan bleibt. (Foto: Collage: Martin Ruhdorfer)

Warum ist die Ausweisung eines Windkraftanlagen-Gebietes in der Gemeinde Berg nötig geworden?

Windräder sind privilegierte Bauvorhaben. Das bedeutet: Eine Gemeinde muss in ihrem Flächennutzungsplan Vorranggebiete für Windkraftanlagen ausweisen, um ihre Ansiedlung steuern zu können. Sonst könnten die Windräder - unter Berücksichtigung gewisser gesetzlicher Rahmenbedingungen - potenziell überall errichtet werden. Die Gemeinde Berg benötigt bis zum November 2011 einen Flächennutzungsplan, um einen Antrag des Berger Kaufmanns Siegfried Genz verhindern zu können, der ein Windrad auf einem freistehenden Hügel bei Aufhausen bis auf 300 Meter Nähe zur Bebauung errichten möchte.

Was plant die Gemeinde Berg konkret?

Die Wadlhauser Gräben westlich der Autobahn A 95 sollen zum Vorranggebiet für Windkraftanlagen ernannt werden. Dadurch sind andere Standorte in der Gemeinde ausgeschlossen. Die Planungen sehen bis zu sieben Windräder mit bis zu 140 Meter vor. Da die Rotorblätter eine Länge von 60 Meter erreichen, würde die Anlage etwa 200 Meter hoch sein. Sie soll in einem Abstand von 1000 Metern zu den Wohnungen von Irschenhausen, Neufahrn und Zell errichtet werden.

Reichen nicht kleinere Windräder?

Je höher die Windkraftanlage, desto höher der Ertrag. Oberbayern gilt als Schwachwindregion - jedenfalls an der Erdoberfläche. In 140 Meter Höhe sind stärkere und gleichmäßigere Luftströme, die an der Gemeindegrenze von Schäftlarn bis 5,5 Meter pro Sekunde betragen.

Welche gesetzlichen Rahmen- bedingungen gibt es bei der Errichtung von Windrädern?

Der Abstand der Anlagen zu Wohnsiedlungen muss dreimal so groß sein wie die Höhe der Windräder. Im Falle der Wadlhauser Gräben betrüge der gesetzliche Mindestabstand 600 Meter. Eine weitere Bedingung ist, dass die Lärmbelastung in Wohngebieten in der Nacht nicht mehr als 35 Dezibel betragen darf.

Was hat die Nachttiefflugzone der Bundeswehr mit den Windrädern zu tun?

Der nördliche Rand der Tiefflugzone verläuft an Farchach und Schäftlarn entlang, südlich davon besteht eine Sperrzonen-Breite von 18,6 Kilometer. In diesem Korridor gilt somit eine Bauhöhenbeschränkung von 823 Meter. Da die Wadlhauser Gräben etwa auf einer Höhe von 675 Meter liegen, könnten derzeit lediglich Windräder mit einer maximalen Gesamthöhe von 148 Meter gebaut werden. Die Gemeinde Berg bemüht sich daher um eine Verlegung der Tiefflugzone.

Was sagen die benachbarten Gemeinden Schäftlarn und Icking zu den Berger Plänen?

Schäftlarns Bürgermeister Matthias Ruhdorfer fordert einen Abstand von 2000 Metern zu den Bebauungen von Zell und Neufahrn. 1000 Meter wären für ihn nur akzeptabel, wenn der Abstand wie im Baurecht von der Gemeindegrenze aus gemessen wird und nicht, wie bisher, "irgendwo von der Ortsmitte aus". Seine Ickinger Kollegin forderte auf einer Informationsveranstaltung Mitte August einen Abstand von 1000 Metern zu den Bebauungen Irschenhausens sowie einen Nachweis, dass die Bevölkerung nicht durch Schattenwurf und Lärm beeinträchtigt wird.

Wie können sich die Bürger gegen die Pläne der Gemeinde Berg wehren?

Noch bis 28. September liegen in der Gemeinde Berg die Pläne aus. Melanie Suckfüll, Vorsitzende des Vereins zum Schutz der Wadlhauser Gräben, rät den Bürgern, diese einzusehen und bis zum Ende der Einlegungsfrist schriftlich einen Einspruch zu formulieren. Wer das bis 28. September nicht getan hat, hat später nicht die Möglichkeit zu klagen. Juristische Schritte sind jedoch erst möglich, wenn Berg eine Baugenehmigung für ein konkretes Projekt erteilt habe.

Was passiert, wenn der Flächen- nutzungsplan scheitert?

Dann bestünde die Gefahr, dass Windräder bis zu 600 Meter an Icking, Schäftlarn und Berg gebaut werden.

© SZ vom 10.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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