Sternentheater:Der Himmel über Bad Tölz

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Seit zehn Jahren besteht das Tölzer Planetarium am Schlossplatz. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Tölzer Planetarium ist ein regionaler Treffpunkt für Astronomie-Begeisterte. Ein Zeiss-Projektor ZKP2 wirft dort Sternbilder der Nord- und Südhalbkugel an die Kuppel. Dieses Jahr feiert die Einrichtung ihren zehnten Geburtstag.

Von Paul Schäufele, Bad Tölz

Dunkelheit schluckt die in zwei kreisrunden Reihen platzierten Veloursessel und diejenigen, die auf ihnen Platz genommen haben. Minimales Licht kommt nur von einem reichlich mit Knöpfen bestückten Pult außerhalb der Zuschauerzone. Wer es bedient, holt den Himmel auf die Erde. Auf einen Knopfdruck setzt sich der Projektor in der Mitte in Bewegung, wirft Bilder von Sternen und Galaxien an die gewölbte Decke, lockt damit verlässlich Zuschauerinnen und Zuschauer an - und das seit nunmehr zehn Jahren. Das Tölzer Planetarium feiert dieses Jahr seinen ersten runden Geburtstag.

Seit Kindertagen begeistert sich Albert Maly-Motta für Planetarien

Die Idee entstand auf einem Spaziergang. Albert Maly-Motta, zu diesem Zeitpunkt schon einige Jahre lang Leiter des Tölzer Marionettentheaters, passierte die schon damals ungenutzte Wandelhalle im Kurviertel. Die Rotunde biete sich doch geradezu an für ein klassisches Projektions-Planetarium, dachte er sich. Daraus wurde bekanntlich nichts, aber die Idee blieb. Die Begeisterung für Planetarien begleitet den geborenen Münchner Maly-Motta seit Kindertagen: "Ich bin als Bub oft zum Deutschen Museum geradelt und hab' mich da ins Planetarium gesetzt. Einmal hab ich dann mit einem der Vorführer geratscht, der hat mir quasi eine Solo-Vorstellung gegeben. Daraufhin hab' ich mich eingelesen in die Materie."

Das Planetarium mit seiner Kuppel wurde in das Gebäude gleich neben dem Marionettentheater integriert. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Für den Tölzer Bau bot sich schließlich das Grundstück neben dem Marionettentheater an, auf dem vormals eine heruntergekommene Pension stand. Ein wenig Überzeugungsarbeit sei nötig gewesen, aber zu guter Letzt konnte Maly-Motta einen Architekten dazu bewegen, eine gemauerte Kuppel in das Gebäude zu integrieren. Die beweglichen Sessel, die jetzt im Zuschauerraum konzentrisch um den Projektor stehen, waren ehemals im Münchner Tivoli-Kino zu finden. Doch anders als bei anderen Planetarien ist der Zuschauerraum auf einer Seite offen, was nicht nur Klaustrophobikern zugute kommt. Es erlaubt auch, andere Veranstaltungen im Planetarium abzuhalten und diese mit der Stern-Vorführung zu kombinieren. Hochzeitspaare haben sich hier trauen lassen, die eine personalisierte Präsentation passend zu ihren Sternzeichen erleben durften. Für eine Abschiedsparty eines Paars, das ins brasilianische Recife auswandert, plant Maly-Motta, den Gästen den südamerikanischen Himmel nach Tölz zu projizieren. Möglich ist das durch den leise surrenden Apparat im Zentrum.

2020 wurde der Projektor "Zeiss-Kleinplanetarium 2" installiert. Das rund eine halbe Million Euro teure Gerät ist eine Dauerleihgabe der Fuldaer Vonderau-Museums. (Foto: Manfred Neubauer)

"Das tollste Ding war, als der Projektor 2013 eingebaut wurde. Ich hab' den dann mal alleine eingeschaltet und mir das angeschaut. Am selben Abend hab ich dann genau denselben Himmel über Lenggries gesehen, da hab' ich schon gedacht: Donnerwetter!", erzählt Maly-Motta. Doch was für das alte Gerät gegolten habe, sei noch besser im neuen, 2020 installierten. Wenn Maly-Motta über das "Zeiss-Kleinplanetarium 2" (ZKP 2) spricht, kommt er ins Staunen. Die Präzision des Geräts, mit dem sich Sternbilder der Nord- und Südhalbkugel in die Kuppel - sechs Meter im Durchmesser - projizieren lassen, sei unglaublich. Der rund eine halbe Million Euro teure Sternprojektor wurde den Tölzern vom Fuldaer Vonderau-Museum als Dauerleihgabe überlassen. Jeder Stern, dessen Abbild hier an die Kuppel geworfen wird, ist das Loch in einem kleinen, handgefertigten Diapositiv im Innern.

Albert Maly-Motta (Mitte), Franz Xaver Kohlhauf (li.) und Karl-Heinz Bille leiten das Sternentheater. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Dass der Plan, Sternbilder einem Publikum zu präsentieren, mit Maly-Mottas eigentlicher Profession als Theaterleiter gut zusammenging, ist kein Zufall. Nicht zuletzt nennt man Planetarien auch sinnigerweise "Sterntheater". Der Aspekt ist den Leitern des Tölzer Planetariums wichtig. Reine Video-Projektionen wie in anderen, größeren Planetarien wird man in Bad Tölz nicht sehen. Nach wie vor steuern Maly-Motta und sein Kollege Franz Xaver Kohlhauf den Projektor vom Pult aus und sprechen die Erläuterungen selbst dazu. "Es ist immer ein wenig anders", sagt Maly-Motta. Unterdessen zeigt Kohlhauf den Nachthimmel über Tölz. "Gib mal den Meridian dazu", sagt Maly-Motta zu seinem Kollegen. Auch das ist möglich, alles entsteht im Moment.

Zu den samstäglichen Vorstellungen im Tölzer Planetarium kommen Besucher jeglichen Alters, darunter Stammgäste, aber auch viele Urlauber. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Warum man sich gerade jetzt mit dem Nachthimmel beschäftigen sollte? "Weil das unsere kosmische Umwelt ist", sagt Kohlhauf. "Wir tun so, als ob alles selbstverständlich ist", pflichtet ihm Maly-Motta bei. Dabei sei das Leben auf der Erde ein riesiger Zufall, fragil, was allen Astronomen klar sei. "Ich hab' schon früher gesagt: Eigentlich müsste jeder Politiker einmal pro Woche ins Planetarium", so Maly-Motta. Ein Blick in den Sternenhimmel korrigiere die Perspektive. In Tölz besonders, da unter höchstens 35 Besuchern und durch den offenen Raum ein direkter Austausch möglich sei.

"Bei den großen Häusern fehlt mir die Showmanship."

Die Konkurrenz durch große Häuser fürchtet Maly-Motta auch deshalb nicht. Die samstäglichen Vorstellungen in Tölz sind fast immer ausverkauft, Gäste jeden Alters finden sich hier ein, darunter Stammgäste, aber auch viele Urlauber. "Bei den großen Häusern fehlt mir die Showmanship", sagt der Theatermensch Maly-Motta. Überhelle Notbeleuchtungen und vorhersehbare Präsentationen tun das Ihre. "Das machen wir anders." Für die Zukunft plant Maly-Motta ein Crossover zwischen Marionetten- und Sterntheater. Verraten möchte er noch nichts. "Davon erfahre sogar ich zum ersten Mal", staunt Kohlhauf.

"Ja, das wird eine Überraschung", sagt Maly-Motta. Die Astronomie ist so alt wie die Menschheit. Und doch wird es am Tölzer Planetarium an Überraschungen nie mangeln, dafür sorgen Albert Maly-Motta und seine Kollegen.

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