Asyl:Neuer Standort für Notunterkunft

Lesezeit: 3 min

Etwa 120 Bürgerinnen und Bürger waren in die Stadthalle gekommen, um über die geplante Notunterkunft an der Bürgermeister-Prandl-Schule zu diskutieren. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Infoveranstaltung zur Unterbringung Geflüchteter in alten Schulturnhallen: Stadt Penzberg und Landratsamt versuchen die Gemüter besorgter Eltern zu beruhigen.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Die Stadt Penzberg hat einen alternativen Standort für die Asyl-Notunterkunft in petto. Das ist das Fazit einer Infoveranstaltung für besorgte Eltern, deren Kinder die Bürgermeister-Prandl-Schule besuchen, am Dienstag in der Stadthalle. Danach müssten die beiden alten Turnhallen an der Schule nicht mit Geflüchteten belegt werden, sagte Bürgermeister Stefan Korpan (CSU). Bereits am Tag darauf gab es eine Besichtigung möglicher Grundstücke mit dem Landratsamt Weilheim-Schongau. Aus den Reihen der Eltern war indes noch am Dienstagabend zu hören, dass sie ein Bürgerbegehren initiieren möchten.

Gut 120 Bürgerinnen und Bürger waren zur Veranstaltung in die Stadthalle gekommen. Auch wenn Moderator David Credé eingangs betonte, es stehe nicht zur Diskussion, ob Asylsuchende grundsätzlich aufgenommen werden sollten, sondern allein der Standort der Unterkunft, gingen viele Wortmeldungen doch in eine Richtung: Die Tatsache, dass in den sanierungsbedürftigen Sporthallen nicht nur Familien, sondern auch Einzelpersonen - in der Regel Männer - untergebracht werden sollen, schürt Ängste bei den Eltern. Sie fürchten, dass es aufgrund der räumlichen Enge zwangsläufig zu Vorfällen, welcher Art auch immer, kommen könnte. Selbst wenn die Kinder und Jugendlichen als "vulnerable Gruppe", wie es Credé nannte, nicht selbst involviert seien, würden sie doch etwaige aggressive Vorfälle, Polizeieinsätze und Ähnliches mitbekommen - und möglicherweise traumatisiert.

Polizeitdienststellenleiter Matthias Krümpel informierte wegen eines kürzlich erfolgten Sexualdeliktes in Penzberg. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Diese Ängste werden seit Wochen befeuert, da es Ende September ein Sexualdelikt in Penzberg gab. Seitdem kursieren in diversen Penzberg-Gruppen in den Sozialen Medien Spekulationen über das Alter des Opfers - es soll sich um eine 17-Jährige gehandelt haben - und über die Nationalität des oder der Täter. Auch das kam zur Sprache in der Stadthalle, als eine Bürgerin erklärte, die Straftaten in Penzberg seien "exorbitant" gestiegen. Die Nähe der geplanten Asyl-Notunterkunft zur Polizeiinspektion, die sich gegenüber befindet, beruhige sie nicht. Im Gegenteil, die Polizei tue nichts. Dienststellen-Leiter Matthias Krümpel erklärte, er verfolge die Beiträge in den Sozialen Medien zu dem Vorfall. Fakt sei, dass die Kripo Weilheim ermittle. Er handle sich weder um ein minderjähriges Opfer noch um zwei Täter. Es habe auch keinen Überfall gegeben. Die Geschädigte sei 39 Jahre alt und habe den Täter gekannt. Kinder, Jugendliche und Frauen seien nicht im Besonderen gefährdet, betonte Krümpel.

Die Sicherheit ist das große Thema

Als Vertreter des Landratsamts saßen Helmut Hartl, Sachgebietsleiter Asyl, und Bernhard Pössinger von der Kontaktstelle Asyl und Integration auf dem Podium. Sie hatten Zahlen aufbereitet: Seit Januar 2023 sind im Landkreis neun Busse mit Asylbewerbern angekommen (450 Personen). Hinzu kamen sieben Busse mit Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine und wöchentliche Zuzüge, demnach 350 plus x Personen. Damit ist nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Ankerzentren quillen über, die Regierung von Oberbayern verteilt die Geflüchteten auf die Landkreise und die wiederum auf die Städte und Gemeinden - wenn nötig als Zwangszuweisung.

Bis zum Jahresende rechnet die Behörde mit weiteren sechs bis neun Bussen, also 300 bis 450 Menschen, plus einer unbekannten Anzahl von Ukrainern. Für zwei bis drei Busse à etwa 50 Personen habe der Kreis noch Unterkünfte zu bieten. "Dann schaut es schlecht aus", sagte Pössinger. Die Penzberger Notunterkunft für 50 bis 80 Personen sei nicht für eine Dauerbelegung gedacht. Bewusst habe sich das Landratsamt für eine Mischbelegung mit Familien und Einzelpersonen entschieden, weil es damit gute Erfahrungen gebe.

Neben Bürgermeister Stefan Korpan standen auch zwei Vertreter des Landratsamtes Weilheim-Schongau Rede und Antwort.: Helmut Hartl (links), Leiter des Sachgebiets Asyl, sowie Bernhard Pössinger von der Kontaktstelle Asyl und Integration. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Zwei Sicherheitskräfte sollen ständig in der Unterkunft anwesend sein - was viele Anwesende mit Gelächter quittierten. Pössinger betonte, mehr Personal werde nicht gebraucht. Auch das lehre die Erfahrung. "Wir schauen uns das zuerst an", so Pössinger, was ihm den Vorwurf einbrachte, erst müsse etwas passieren, ehe gehandelt werde. Da half es nichts, dass die beiden Asyl-Experten Beispiele aufzählten, wo viele Geflüchtete ohne jegliche Zwischenfälle zusammenlebten.

Die alten Sporthallen an der Bürgermeister-Prandl-Schule sollten als Notunterkunft genutzt werde. Doch die Stadt hat bereits einen Alternativvorschlag in petto. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Um die Gemüter zu beruhigen, wiederholte Korpan mehrmals, dass Alternativen geprüft würden. Eine Unterbringung im alten Lidl-Supermarkt, wie von der Versammlung vorgeschlagen, sei nicht mehr möglich. Die Discounter-Kette verhandle aktuell mit einem Kaufinteressenten, so Korpan. Das Zörner-Haus, das der Stadt gehört, sei zu klein. Die Fläche für eine Leichtbauhalle müsse an Strom, Wasser und Abwasser angeschlossen sein.

Ein Standort hat sich nach der Besichtigungstour am Mittwoch herauskristallisiert, so Korpan auf Anfrage der SZ. Um welches Areal es sich handelt, möchte er zuerst den Stadträten mitteilen, ehe er an die Öffentlichkeit geht.

"Ganz friedliche Menschen."

Es stimme sie traurig, dass alle Asylbewerber von vornherein als Straftäter verurteilt würden, sagte Ursula Floßmann, die sich bei der Penzberger Tafel engagiert. "Der Großteil sind ganz friedliche Menschen." SPD-Stadtrat Bayram Yerli, langjähriger Vorsitzender der Islamischen Gemeinde, hielt es nicht länger aus: Er verließ die Stadthalle mit den Worten, dass er nach dieser Debatte Angst um seine Kinder und Enkel habe. Korpan zog sein persönliches Fazit: Egal, was die Stadt mache, es werde immer Kritik geben. Als ehemaliger Polizist könne er nur sagen, dass es egal sei, ob Ausländer oder Deutsche: "Wenn du einen Deppen dabei hast ..."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Penzberger Asyl-Unterkunft
:Unsägliches Benehmen

Geflüchtete unter Generalverdacht zu stellen, ist weder demokratisch noch menschlich.

Kommentar von Alexandra Vecchiato

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: