Online-Bühne und neue Treffpunkte:Ein Kümmerer für das Ehrenamt

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Thomas Kapfer-Arrington ist seit Anfang Januar der neue Vereinsförderer der Stadt Penzberg

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Eine Gesellschaft lebt davon, dass sich Frauen und Männer für andere freiwillig engagieren. Fast 50 Prozent aller Personen über 14 Jahre in Bayern bringen sich ehrenamtlich für eine gute Sache ein. In Bayern ist die Förderung des Ehrenamts als Staatsziel sogar in der Verfassung verankert. Dort heißt es in Artikel 121: "Staat und Gemeinden fördern den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwohl." Doch Theorie und Praxis klaffen mitunter auseinander. Ehrenamtliche sind oftmals auf sich alleine gestellt, müssen sich mit Vereins- und Steuerrecht, Mitgliederakquise oder Pressearbeit befassen. Ein Kümmerer tut not - und einen solchen hat die Stadt Penzberg seit Anfang des Jahres. Thomas Kapfer-Arrington heißt der neue Ehrenamtsförderer. "Vereine haben mich mein Leben lang begleitet. Jetzt begleite ich sie", sagt der 45-Jährige.

Seinen Arbeitsplatz hat der Penzberger in einem Büro in der Rathauspassage. "Mir geht es gut", sagt er lächelnd, hinter seinem Schreibtisch sitzend. Die Bandbreite seines neuen Jobs habe sich bereits in den ersten Wochen bestätigt - angefangen von der Anfrage nach einem Cricket-Fangnetz bis hin zur Klärung, ob Mitgliederversammlungen in Corona-Zeiten erlaubt seien.

Im Juli vergangenen Jahres hatte sich der Stadtrat für die Schaffung der Vollzeitstelle ausgesprochen. Unter zahlreichen Bewerbern wurde Kapfer-Arrington für den Posten des Ehrenamts- und Vereinsförderers ausgewählt. Für den 45-Jährigen übernimmt die Stadt damit eine Vorreiterrolle unter den kleineren Kommunen in Bayern. Bislang leisten sich nur Städte wie München, Augsburg oder Regensburg einen Vereins- und Ehrenamtsförderer. Doch Penzberg war und ist mit seinen momentan rund 120 Gruppierungen eine Kommune der Vereine. Daher hält Kapfer-Arrington seinen Job nicht für einen Luxus, den sich Penzberg leistet. Der Kümmerer sei vielmehr eine Notwendigkeit, betont der 45-Jährige. "Die Menschen bringen sich ein, um Penzberg lebenswert zu machen." Gäbe es kein freiwilliges Engagement, sähe es im sozialen, kulturellen oder kirchlichen Bereich zappenduster aus. Allein aus finanzieller Sicht könnte die Stadt dies alles nicht selbst leisten. Ein Beispiel ist die Freiwillige Feuerwehr: Wären die Ehrenamtlichen nicht da, müsste die Stadt eine Berufsfeuerwehr finanzieren. Kapfer-Arrington weiß, wovon er spricht. Er selbst ist Atemschutzträger und Maschinist bei der Penzberger Wehr. "Der stetig wachsenden Stadt Penzberg steht es gut zu Gesicht, einen Kümmerer für die Belange bürgerschaftlichen Engagements zu installieren", meint er.

Seit seiner Jugend ist der 45-Jährige in seiner Heimatstadt aktiv. "Meine Karriere beim FC Penzberg war nicht so glorreich", erinnert er sich. Auf dem Spielfeld habe er mangels Talent eher selten gestanden. Doch es habe immerhin gereicht, um die Trikots der Kameraden zum Waschen mit nach Hause zu bekommen. Mitglied war er bei der Schwimmgesellschaft Oberland (SGO) oder beim neu gegründeten Badminton-Verein, der später im TSV Penzberg aufging. Sport - schön und gut. Aber die wahre Liebe seines Lebens gehört der Musik. Als Kontrabassist ist er in der Region bekannt. Als Gymnasiast organisierte er in den 1990er-Jahren den Polittalk "Live aus der Molkerei" - später "Live aus dem Staltacher Hof" - mit, aus der die Kleinkunstinitiative und das Tollhub-Fest entstanden. Damals habe er erfahren, dass man mit "Leidenschaft" viel bewegen könne. Er kenne letztlich nicht nur viele Vereine und Organisationen aus seiner beruflichen Laufbahn, sagt Kapfer-Arrington. "Ich kenne vor allem auch die Menschen, die hinter den Ehrenämtern stehen." Dabei hat der Kümmerer auch jene Bürgerinnen und Bürger im Blick, die sich gezielt für ein bestimmtes Projekt freiwillig engagieren. "Dahin geht der Trend", sagt er.

Einen guten Monat ist der 45-Jährige im Amt. In diesen Wochen konnte er bereits Vereine auf Förderprogramme aufmerksam machen, einzelne Hilfsgesuche bearbeiten und Tipps etwa für die Gestaltung der Vereins-Homepages geben. Weit oben auf seiner Agenda steht der Raumbedarf. "Den gibt es in der Tat, seien es Orte zum Treffen, Lagerflächen oder Trainingsmöglichkeiten", sagt Kapfer-Arrington. Erste informelle Gespräche mit den Stadtratsfraktionen über dieses Thema habe er geführt. Der 45-Jährige sieht in der alten Stadtbücherei, der ehemaligen Molkerei und der früheren Metzgerei Zörner - das Haus hat die Stadt erworben - mögliche "Spielflächen". "Auch der Bahnhof ist geeignet", erklärt er. Letztlich müsse der Stadtrat entscheiden. Doch sollte sich Penzberg auf lange Sicht auch Orte für "Subkultur" leisten.

An Ideen mangelt es dem 45-Jährigen nicht. Eine Umfrage soll zeigen, wo den Vereinen der Schuh drückt. Er plant ferner, die Ehrenamtskarte des Landkreises durch ein "Penzberg-Special" aufzuwerten und ein städtisches Ehrenamtszertifikat einzuführen, das junge Menschen ihrem Lebenslauf beifügen können. Während der Corona-Krise organisiert er eine Online-Bühne: Vereine, Künstler und andere Ehrenamtliche sollen sich auf der Bücherei-Bühne präsentieren. Die Videos sind dann über die Homepage der Stadt abrufbar.

© SZ vom 10.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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