Prozess:Anwalt streitet mit Baufirma um 1,8-Millionen-Haus in Icking

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Das Haus, um das vor Gericht gestritten wird, gehört zu einem ganzen Komplex an Neubauten im Ortskern von Icking. (Foto: Manfred Neubauer)

Ein Münchner Star-Verteidiger lässt sich für viel Geld ein Haus bauen. Wegen angeblicher Mängel hält er etwa 365 000 Euro zurück - woraufhin ihm die Baufirma die Übergabe verweigert. Und jetzt? Verklagen sie sich gegenseitig.

Auch nach drei Stunden Verhandlung und vier Unterbrechungen vor der Zivilkammer des Landgerichts München II ist es in diesem Fall nicht gelungen, einen Kompromiss zu finden. "Ich habe jetzt einfach keine Argumente mehr", sagt der Vorsitzende Richter Clemens Turkowski ernüchtert, kurz bevor er die Sitzung beendet. Einmal mehr haben beide Parteien Ausdauer in dem Streit bewiesen, den sie schon seit über einem Jahr ausfechten.

Eigentlich hätte der Kläger, ein bekannter Münchner Strafverteidiger, schon am 31. Mai 2020 in das Haus in Icking einziehen sollen, das er sich für 1,8 Millionen Euro hat bauen lassen. Wegen angeblicher Mängel hielt er allerdings etwa 365 000 Euro zurück - woraufhin ihm die Baufirma die Übergabe des Hauses verweigerte. Richter Turkowski stellt die Gemengelage zu Beginn der Verhandlung wie folgt dar: Die Baufirma werfe dem Kläger vor, etwaige Mängel überzubewerten, um im Nachhinein den Preis zu drücken. Der Kläger wiederum beharre auf dem Standpunkt: Wenn ein Haus schon 1,8 Millionen Euro kostet, dann möchte ich es bitteschön ordentlich haben.

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"Ich bin immer schon ein Verfechter davon gewesen, dass Leistung gegen Leistung passen muss", sagt der Kläger, der sich, ganz Jurist, akribisch vorbereitet hat. Vor ihm auf dem Tisch liegen ein iPad und ein dicker Aktenordner. Die Mängel, die er der Baufirma vorwirft, sind zum Beispiel ein feuchter Keller und eine Garage, die wahrscheinlich angehoben werden müsse, "weil man sonst mit einem normalen Sportwagen hängen bleibt". Außerdem sei die Hebeanlage mangelhaft. "Ich habe jetzt eine Doppelhaushälfte angemietet, weil ich nicht weiß, wie das hier ausgeht", sagt er.

"Ich glaube nicht, dass es sich lohnt, ein Haus um des Streitens willen leer stehen zu lassen", sagt Turkowski. "Ein Haus muss bewohnt werden." Überhaupt versucht der Richter einiges, um in dem Häuser-Zwist zu vermitteln. Immer wieder macht er Vorschläge, tippt sogar auf einem Taschenrechner herum, um die Mitte zwischen zwei Summen zu berechnen.

Die zunächst aufgeworfene Möglichkeit, den Vertrag ganz aufzulösen, ist schnell wieder vom Tisch. Zu sehr scheint der Noch-nicht-Hausbesitzer an der Immobilie zu hängen. Ein zweiter Vorschlag, eine Totalentgeltung, wird länger diskutiert. Sie würde bedeuten, dass der Kläger darauf verzichten würde, die Mängel gegenüber der Baufirma weiter geltend zu machen - dafür müsste er aber auch nicht mehr den ganzen ausstehenden Betrag, sondern nur noch eine geringere Summe bezahlen. Erst bietet der Kläger der Baufirma eine solche Lösung für 100 000 Euro an, dann für 200 000. Die Gegenseite beharrt jedoch auf 250 000 Euro. "Wir haben das Geld ja schon längst ausgegeben", sagt der Anwalt der Baufirma. Schließlich wird auch die letzte Idee des Richters, den Besitz des Hauses gegen eine vorläufige Abschlagszahlung zu übergeben, abgewehrt. Wieder können sich beide Seiten nicht auf eine Summe einigen. "Es wird festgestellt, dass zumindest heute eine gütliche Einigung nicht in Betracht kommt", verkündet Richter Turkowski am Ende der Verhandlung. Bis zum nächsten Verhandlungstermin müssten beide Parteien nun ihre "Hausaufgaben" machen.

© SZ vom 01.09.2021 / KML - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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