Mord in Königsdorf:Angeklagter belastet Mittäter

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Der 44-jährige Robert P. (links) gilt als mutmaßlicher Haupttäter in Höfen. Bei seiner Aussage gab er nun zwar den Einbruch zu, nicht aber die Morde. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Der Hauptverdächtige nimmt erstmals Stellung zum Doppelmord von Königsdorf. Vor Gericht räumt der 44-Jährige aber nur den Einbruch ein. Getötet will er keines der Opfer haben.

Von Andreas Salch, Königsdorf/München

Robert P. hat einen roten Punkt mitten auf der Stirn. So groß wie eine Zwei-Euro-Münze etwa. Es ist eine Wunde. Er hatte sie sich am 17. Verhandlungstag im sogenannten Höfen-Prozess vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II selbst beigebracht, als er sich in Rage redete und mit seinem Kopf absichtlich auf die Anklagebank schlug. Es kam zum Eklat. An diesem Dienstag blieb der 44-Jährige ruhig und gab die lange erwartete Erklärung zu dem Raubmord in Höfen bei Königsdorf ab, bei dem am 22. Februar vergangenen Jahres zwei Menschen auf unvorstellbar brutale Art und Weise getötet worden waren.

Anders als erwartet ließ Robert P. nicht seine Verteidiger sprechen, sondern ergriff selbst das Wort. Manches davon klang bizarr. "Wir haben aus Dummheit unter Drogeneinnahme" eine Tat begangen. Diese habe zu einer "Tragödie" geführt, das "gehört sich für einen Katholiken, für einen Menschen nicht", erklärte der 44-Jährige und meinte damit sich selbst. Obwohl er stundenlang redete, blieb Robert P. in vielem vage. Zur Tat lieferte er wenig Konkretes. "Ich stand so unter Drogen, dass ich nicht weiß, was ich alles gemacht habe." Gleichwohl ist er sich sicher, niemanden getötet zu haben. Ob seine beiden Mitangeklagten, Jakub G. und sein Neffe Michal N., etwas mit dem Tod der 76-jährigen Inge B. und dem des 81 Jahre alten Johannes S. etwas zu tun haben, ließ er offen.

Stattdessen wies Robert P. das Gericht mehrfach darauf hin, dass er seit seinem 17. Lebensjahr fast regelmäßig Drogen nehme und er in den Tagen vor und auch während der Tat in Höfen unter dem Einfluss von Marihuana und Amphetamin gestanden habe. Dies habe dazu geführt, dass er die "Situation" nicht "durchdacht" habe und so "in das Problem reingerast" sei. "Wir wollten etwas stehlen und es kam zu einer großen Tragödie", sagte Robert P. Vor allem belastete er bei der Aussage den ebenfalls angeklagten Jakub G.

Dieser hatte bereits am zweiten Verhandlungstag ein Geständnis abgelegt und seine Rolle bei der Tat heruntergespielt. Während seiner Aussage geriet Robert P. sogar einmal kurz mit Jakub G. aneinander, nachdem dieser seinen Unmut über die Darstellungen des 44-Jährigen geäußert hatte. Robert P. blaffte G. daraufhin an, er solle sein "Maul halten".

Robert P. sagte, er sei mit Jakub G. und seinem Neffen in das Haus eingedrungen. Anschließend habe er sich mit dem Safe im Haus der Witwe "beschäftigt" und versucht, ihn zu öffnen, was ihm jedoch nicht gelang. Was seine Komplizen unterdessen gemacht haben, wisse er nicht. "Ich hatte Halluzinationen, war müde und bekam einen epileptischen Anfall", so P. Als er einen "großen Schrei" gehört habe, sei er nach oben gelaufen und habe seinen Neffen und Jakub G. gesucht. Als er ein Zimmer betrat, sei ein Mensch aufgestanden. Es war Inge B., eine Bekannte der Hauseigentümerin. Er habe die 76-Jährige zurück aufs Bett geworfen und geschlagen, räumte Robert P. ein. Dabei habe er einen Schraubendreher und ein Handy in der Hand gehalten. Dann habe er die Frau gefesselt. Danach habe er den 81 Jahre alten Johannes S., der das Bewusstsein verloren hatte, in den Keller getragen. "Dann bin ich aus dem Haus abgehauen", beteuerte der 44-Jährige. An den gewalttätigen Übergriffen auf den Senior und die Hauseigentümerin will er sich nicht beteiligt haben.

Auch die Schwester von Robert P., Malgorzata L., gab am Dienstag eine Erklärung über ihren Verteidiger, Rechtsanwalt Damian Jakobek, ab. Darin gestand sie, ihrem Bruder den Tipp für den Einbruch gegeben zu haben. "Jetzt weiß ich, das war mein größter Fehler", so die 50-Jährige. Sie hatte den inzwischen verstorbenen Mann der Hausbesitzerin Veronika F. (Name von der Redaktion geändert) eine Zeit lang im Haus in Höfen gepflegt und mitbekommen, dass das Paar wohlhabend ist und sich im Keller des Hauses ein Safe befand. Zurück in Polen habe sie ihr Bruder besucht und gefragt, ob sie noch "zu der Alten in Bayern Kontakt" habe. In der Erklärung ihres Verteidigers bekannte sich Malgorzata L. dazu, dass sie dem Plan, die Witwe auszurauben, zugestimmt habe. Sie habe auch ihren Sohn Michal N. mit ins Spiel gebracht. Dieser habe wegen seiner Drogenprobleme erhebliche finanzielle Probleme gehabt, ebenso wie ihr Bruder. Sie habe gehofft, so die 50-Jährige, Michal N. werde mit dem Geld aus der Beute seine Schulden aus dem Kauf von Drogen begleichen können. In Polen hätten ihm Dealer mächtig Druck gemacht. Nach der Tat in Höfen habe sie sich mit ihrem Bruder zerstritten, so L., und ihren Anteil aus der Beute in einer "Trotzreaktion" ausgeschlagen.

© SZ vom 12.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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