Theater:Leichen zum Tee

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"Gauner" statt Musiker fallen bei Mrs. Wimmerforce (Sandra Schönau. links) ein: Professor Marcus (Henning von Wulffen), Knoten (Longyuan Zhang), Mr. Robinson (David Windthorst) und Major (gespielt von Linus Munte), von links. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Max-Rill-Gymnasium zeigt in einer gelungenen Premiere die britische Kriminalkomödie "Ladykillers".

Von Petra Schneider, Reichersbeuern

Seit 17 Jahren macht Nikolaus Frei nun schon Theater am Max-Rill-Gymnasium, unter seiner professionellen Regie sind bemerkenswerte Produktionen entstanden. Zuletzt verfasste der 49-jährige Literaturwissenschaftler und Schauspieler das Libretto für die erste Oper Namibias, die im September 2022 in Windhoek uraufgeführt wurde. Auf das Schultheater wolle er aber nicht verzichten und freue sich, zu den "Wurzeln" zurückgekehrt zu sein, erklärt er. Das Ergebnis ist am Donnerstag in einer gelungenen Premiere über die Bühne gegangen: "Ladykillers", eine rabenschwarze, britische Kriminalkomödie aus dem Jahr 1955, die in der Verfilmung mit Alec Guinness und Peter Sellers längst Kultstatus erreicht hat.

Für eine Schulaufführung ist das eine eher ungewöhnliche Wahl. Denn das Drehbuch von William Rose beleuchtet eine Welt, die heutigen Jugendlichen ziemlich fremd sein dürfte. Eine kleine Welt, in der Kriminelle noch "Gauner" waren, und die Beute "Knete" hieß. In der Telefone Wählscheiben hatten und fliegende Untertassen den Kern von Fake-News bildeten. In "Ladykillers" verfügen sogar die Underdogs über gewisse Umgangsformen, und gemordet wird dezent. Frei verzichtet in der Inszenierung weitgehend auf eine Modernisierung, auch die Sprache wird kaum verändert.

Verständnis für die charmante Ironie und den schwarzen Humor

Die Schülerinnen und Schüler der Mittel- und Oberstufe scheinen damit nicht zu fremdeln. Sie haben offenkundig Spaß und Verständnis für die charmante Ironie und den schwarzen Humor des Stücks. Allen voran die beiden Hauptdarsteller: Sandra Schönau in langem Faltenkleid mit Perlenkette und grau gefärbtem Dutt macht das toll. Mit großer Gelassenheit spielt sie die betuliche Mrs. Wimmerforce, die ihre Mieter mit ständigen Tee-Einladungen nervt. Henning von Wulffen gibt den Professor Marcus als lässigen Anführer, der bis zum Ende an seiner Selbstüberschätzung festhält.

Die Handlung speist sich, wie in Komödien üblich, aus Täuschung und amüsanten Dialogen: Professor Marcus quartiert sich mit seinen Komplizen bei der ältlichen Lady Wimmerforce ein. Zum Quintett gehört der verzagte, ehemalige Kriegsheld Major Courtney (Linus Munte), der tumbe Mr. Knoten (Longyuan Zhang), der unstete Harry Robinson (David Windthorst) und der skrupellose Louis Harvey (Carl Kirchner), der seinen Geigenkasten wie ein Gewehr vor sich her trägt. Sie geben vor, Musiker zu sein, planen aber stattdessen einen Bankraub, bei dem Lady Wimmerforce ungeahnt zur Komplizin wird. Sie durchschaut das Spiel, wahrt aber vor ihren schrulligen Freundinnen Amelia (Marta Riedel) und Cecilia (Lara Kumpf) die Fassade und ermahnt ihre kriminellen Mieter: "Versuchen Sie, sich wenigstens eine halbe Stunde wie Gentlemen zu benehmen."

Das Böse in der guten Stube: Mr. Harvey (Carl Kirchner) im Vordergrund. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Mrs. Wimmerforce, Repräsentantin eines längst vergangenen, viktorianischen Zeitalters, steht für Anstand und Moral und will die Beute im Cellokasten an Sergeant McDonald (Jakob Ropeter) übergeben. Das können die Gauner freilich nicht zulassen. Aber statt Mrs. Wimmerforce zu beseitigen, ermorden sie sich gegenseitig und werden, laut Drehbuch, einer nach dem anderen auf die vorbeifahrenden Güterzüge geworfen. In der Inszenierung ist das geschickt gelöst: Die Opfer stürzen über den "Balkon", begleitet von Eisenbahngeräuschen.

Das Bühnenbild ist klassisch: plüschige rote Sessel, Konsole im Empire-Stil, Backsteinwand im Schlafzimmer. Das Menuett von Luigi Boccherini, das die "Musiker" vorgeblich proben, kommt vom Plattenspieler. Nur einmal wird der klassische Rahmen gesprengt: Als die Gangster sich zum Überfall aufmachen, wird die Szenerie in rotes Licht getaucht, rotziger Sound erfüllt die Bühne. Die kriminelle Energie bricht sich Bahn, die Gangster tanzen, auch das Publikum wippt mit. Die Produktion sei nicht einfach gewesen, bereits im Dezember hätten die Proben begonnen, sagt Regisseur Frei. "Jetzt ist es wunderbar geworden." Das sehen auch die Zuschauer so, die die Schauspieler mit tosendem Applaus belohnen.

Weitere Termine 21./22./24.10, jeweils 19.30 Uhr, Max-Rill-Gymnasium, Schlossweg, Reichersbeuern

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