Stadtentwicklung in Bad Tölz:Zwietracht wegen "Zweiklang"

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Den Verkauf von Eigentumswohnungen in den beiden Neubauten auf dem Alpamare-Areal haben die Stadträte im Tölzer Bauausschuss strikt abgelehnt. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Gegen den Willen der Stadt hat das Landratsamt zwei Mehrfamilienhäuser auf dem Alpamare-Areal genehmigt und erlaubt nun auch den Verkauf der Eigentumswohnungen. Die Stadträte zeigen sich verärgert und lehnen eine nachträgliche Genehmigung einstimmig ab.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

"Zweiklang" heißt ein Bauprojekt in Bad Tölz, das für Zwist sorgt: Auf dem Areal des ehemaligen Alpamare an der Schützenstraße sind zwei Mehrfamilienhäuser mit 25 Wohnungen, einer Tiefgarage mit 32 Stellplätzen und acht oberirdischen Parkflächen entstanden. Ein Vorhaben, das der städtische Bauausschuss voriges Jahr zwei Mal abgelehnt hat. Allerdings vergeblich, denn das Landratsamt ersetzte das Einvernehmen der Stadt. Auf dem Gelände des einstigen Spaßbades durfte gebaut werden. Der Eigentümer, dem die Jodquellen AG den Baugrund verkauft hatte, will die 25 Domizile nun als Eigentumswohnungen veräußern. Dies lehnte der Bauausschuss in seiner Sitzung am Dienstagabend einstimmig ab.

Gleich nach dem Ende des Alpamare hatte die Jod AG selbst versucht, Wohnhäuser auf dem Areal neben der evangelischen Kirche zu errichten. Der Stadtrat schmetterte jedoch alle Bauanträge ab. Daraufhin verkaufte sie die Grundstücke an den neuen Besitzer, der ebenfalls bauen wollte und mit drei Vorbescheidsanträgen im Bauausschuss scheiterte, ehe das Landratsamt eingriff. Zum Verdruss der Stadt. Denn Bad Tölz möchte die touristische Nutzung im Kurviertel erhalten und verweist auf ihre 1994 erlassene "Satzung zur Sicherung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion" - ein Regelwerk, das so keine andere Kommune im Landkreis hat. Mit diesem Instrument will sie nun verhindern, dass im Badeteil noch mehr hochpreisige Immobilien für ein betuchtes Klientel entstehen.

Damit hat sie bei dem Projekt an der Schützenstraße bislang jedoch wenig Erfolg. Das Landratsamt hat nicht nur den Bau der Wohnhäuser erlaubt, sondern auch eine sogenannte Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt - damit ist eine Aufteilung in lauter Eigentumswohnungen möglich. "Leider haben weder das beteiligte Notariat noch das Landratsamt oder das Grundbuchamt erkannt, dass in Bad Tölz eine Satzung nach Paragraf 22 Baugesetzbuch existiert", kritisierte Bauamtsleiter Christian Fürstberger. Der Verkauf von Wohneigentum wäre somit "genehmigungspflichtig gewesen, wobei für eine Genehmigung das Einvernehmen der Stadt erforderlich gewesen wäre".

Allerdings sind die Eigentumswohnungen nun schon im Grundbuch eingetragen, wogegen die Stadt jedoch ihren Widerspruch deklarieren möchte. "Weil das Grundbuch unrichtig und das begründete Recht schwebend unwirksam ist", wie Fürstberger sagte. Dies könne man mit dem entsprechenden Schreiben ans Grundbuchamt beweisen. Auch die Gegenseite ist nicht untätig: Der Eigentümer will jetzt vom Landratsamt eine Auskunft haben, dass die städtische Satzung unwirksam sei, respektive eine nachträgliche Genehmigung der Eigentumswohnungen - und zwar auf Basis der schon erteilten Abgeschlossenheitsbescheinigung.

An den großen Werbeplakaten an der Baustelle war Michael Lindmair (FWG) und Johannes Gundermann (Grüne) aufgefallen, dass dort Eigentumswohnungen verkauft werden sollten. Und nicht Mietwohnungen, wie sie an diesem Platz eigentlich nur erlaubt wären. Die beiden Stadträte hatten deshalb eine gemeinsame Anfrage an die Stadtverwaltung gestellt. Schon im Januar 2021 habe der Stadtrat ja das Einvernehmen für den Verkauf von Wohneigentum an der Schützenstraße abgelehnt, sagte Fürstberger. Teure Domizile im Tölzer Kurviertel, für die es deutschlandweit eine starke Nachfrage gibt, seien städtebaulich unerwünscht und widersprächen den Zielen des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK). Die Münchner Immobilienfirma, die das "Zweiklang" getaufte Bauprojekt auf dem Alpamare-Areal vertreibt, wirbt auf ihrer Homepage mit dem Slogan "Grandiose Landschaften direkt vor der Haustür". Leider, meinte Lindmair, führe der Zweiklang zu "großer Verstimmung". Die Stadt sollte nun dem Landratsamt und dem Grundbuchamt "alle Unterstützung zukommen lassen, um die Fehler rückgängig zu machen".

Der ganze Vorgang lasse ihn "fassungslos zurück", sagte René Mühlberger (CSU). Es verunsichere ihn, "dass das Ortsrecht der Stadt Bad Tölz offensichtlich in nicht so guten Händen bei den Bauaufsichtsbehörden ist". Dorothea Bigos (Grüne) bezeichnete es als "höchst bedenklich", dass irgendein Bauträger über eine Ortssatzung "drüberbügeln kann". Matthias Winter (CSU) missfallen auch die beiden Baukörper. Grau und wuchtig, wirkten sie wie "zwei Luftschutzbunker", sagte er. "Ich bin erschrocken, als ich aus der Asklepios-Klinik kam." Das sei nun mal die bayerische Bauordnung, erwiderte Bürgermeister Ingo Mehner (CSU).

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