Konzert:Mühelose Perfektion statt schäumender Leidenschaft

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Der Coro La Spineta, die Gitarristen und Leiterin Barbara Dalla Valle bei ihrem Auftritt in Iffeldorf. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Klangkunst-Chor Iffeldorf und der Coro la Spineta aus Italien feiern gemeinsam Jubiläum

Von Reinhard Szyszka, Iffeldorf

Was für ein Wort: Klangkunst-Chor! Oder, in der eigenen Orthografie des Vereins: KlangKunst Chor. Die Konsonantenballungen sind typisch deutsch, und mancher Italiener täte sich wohl schwer mit der Aussprache, obgleich kein einziger Laut vorkommt, den es im Italienischen nicht gibt. Doch trotz dieses Namens-Monsters ist der Iffeldorfer Klangkunst-Chor seit vorigem Jahr mit einem italienischen Chor in Chorpartnerschaft verbunden. Und die Italiener haben sich den wohlklingenden Namen "Coro la Spineta" gegeben, was auch jeder Deutsche problemlos über die Lippen bringt.

Heuer gibt es den Klangkunst-Chor seit 15 Jahren, und vor zehn Jahren wurde der zugehörige Verein gegründet. Natürlich wollten die Iffeldorfer dieses Jubiläum gemeinsam mit ihren italienischen Freunden feiern, und so haben sie den Coro la Spineta zu sich in den Pfaffenwinkel eingeladen. Am Samstagnachmittag fand in der Pfarrkirche Sankt Vitus das Jubiläumskonzert statt. Im Altarraum wurde es eng, denn nicht nur die beiden Chöre nahmen dort Aufstellung, sondern auch der Cellist Paolo Molinari sowie eine Gruppe von acht klassischen Gitarristen mit dem eigenwilligen Namen "The Klock Oktett".

Zu Beginn hieß Andrea Fessmann, die Leiterin des Klangkunst-Chors, die italienischen Gäste willkommen und bat die Zuhörer, auf störenden Zwischenapplaus zu verzichten. Dann sangen beide Chöre gemeinsam das bekannte "Alta trinitá beata" eines unbekannten Komponisten. Barbara Dalla Valle, die Leiterin des Coro la Spineta, dirigierte mit präzisen Zeichen. Nun traten die Deutschen diskret in den Hintergrund und überließen den Gästen das Feld. Die Italiener hatten ein bunt gemischtes Programm aus Chorsätzen, Instrumentalstücken und solistischen Gesangsnummern mitgebracht. Barbara Dalla Valle ist nicht nur Chorleiterin, sondern auch klassische Gitarristin und Solosängerin. Das musikalische Spektrum lässt sich am ehesten mit "Weltmusik" umschreiben: Kompositionen des 20. und 21. Jahrhunderts internationaler Provenienz in allgemein verständlicher Klangsprache. Weniger höflich ausgedrückt: gehobene Schlager aus aller Welt. Der knapp gehaltene Programmzettel half dem Publikum nicht wirklich, die vielen kurzen Stücke historisch wie geografisch einzuordnen, zumal die Vornamen der Komponisten auf die Anfangsbuchstaben reduziert waren. So freute man sich an der Schönheit der Musik und an der Meisterschaft der Ausführenden.

Der Coro la Spineta ist ein junger, fast professioneller Chor, der ganz überwiegend auswendig singt. Die Tongebung ist leicht verhaucht, was nicht dem mitteleuropäischen, klassischen Ideal entspricht, aber für dieses Repertoire nicht einmal von Nachteil ist. Wer bei Italienern überschäumende Leidenschaft erwartet, wurde enttäuscht: Die jungen Sängerinnen und Sänger sangen ruhig und konzentriert, mit müheloser, selbstverständlicher Perfektion der Intonation und der Aussprache. Die durchgängige Gitarren- und Cellobegleitung lieferte eine sichere Grundierung, hatte auf die Dauer aber doch etwas Monotones.

Bei den Instrumentalstücken reduzierte sich "The Klock Oktett" manchmal zu "The Klock Quintett", und da irritierte es denn doch, wenn Barbara Dalla Valle sich dirigierend vor die fünf Gitarristen hinstellte. Können fünf Musiker nicht einfach Kammermusik machen? Bei einem der Stücke, "Las Ramblas", mussten sie es, denn Dalla Valle setzte sich mit ihrer Gitarre dazu und erweiterte das Quintett zum Sextett. Prompt geriet gerade diese Nummer besonders überzeugend. Auch als Solosängerin ließ sich Dalla Valle hören, unterstützt vom klangschönen Celloton Paolo Molinaris. Sie verfügt über eine angenehme, nicht allzu große Stimme im Mezzo-Bereich. Als gegen Ende des Konzerts der Klangkunst-Chor wieder zum Zug kam und "Verleih uns Frieden gnädiglich" von Mendelssohn anstimmte, merkte man, was man zuvor vermisst hatte: satte, üppige, raumfüllende Chorklänge. Gewiss haben die Klangkunst-Leute, wie fast alle Laienchöre, mit der hoffnungslosen Unterzahl der Männerstimmen und insbesondere der Tenöre zu kämpfen, und gewiss dürfte auch der Altersdurchschnitt gerne ein wenig niedriger liegen. Und dennoch: Was die Klangkunst hier und später bei "Komm süßer Tod" zuwege brachte, war auf seine Weise ebenso gekonnt wie das, was die Italiener auf völlig anderem Gebiet ablieferten.

Kurz vor Schluss kündigte Andrea Fessmann eine vorgezogene Zugabe an, weil die Abendmesse bevorstand. Mit dem Kanon "Da pacem domine" zogen die Musiker, die Instrumentalisten und die Zuhörer nach draußen, wo ganz zuletzt das Lied "Möge die Straße uns zusammenführen" dem Jubiläumskonzert einen würdigen und anrührenden Abschluss verlieh.

© SZ vom 19.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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