Sicherheit und Verkehr:Bergauffahrverbot am Kesselberg wird ausgeweitet

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Der Kesselberg ist bei Motorradfahrern beliebt. Drei von ihnen sollen sich dort am Freitag ein Rennen geliefert haben. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Unfallzahlen mit Motorrädern bleiben auf konstantem Niveau. Deshalb gelten bald strengere Regelungen für die Sommermonate.

Von Benjamin Engel, Kochel am See

Die Verkehrsbehörden haben viel versucht, um die Zahl der Motorradunfälle am Kesselberg nachhaltig zu verringern: ein Bergauffahrverbot an Sonn- und Feiertagen, ein Tempolimit von 60 Stundenkilometern, ein Überholverbot, der Unterfahrschutz an Leitplanken, Fahrbahnteiler und verstärkte Kontrollen. All diese Maßnahmen haben wenig bewirkt. In einer Probephase für die kommenden beiden Jahre werden die Verkehrsbehörden nun das Bergauffahrverbot für Motorräder am Kesselberg in den Sommermonaten auf alle Wochentage ausweiten, jedoch auf die Nachmittags- und Abendstunden begrenzen. Die Regelung wird zwischen dem 1. April und dem 31. Oktober jeweils von 15 bis 22 Uhr gültig sein. "Uns ist bewusst, dass das für die einen zu wenig und für die anderen zu viel ist", so der Sachgebietsleiter für Verkehr im Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen, Georg Fischhaber am Dienstag.

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Die Unfallkommission - bestehend aus der Verkehrsbehörde im Landratsamt, der Polizei sowie dem Staatlichen Bauamt Weilheim - hat die Unfälle der vergangenen fünf Jahre analysiert, an denen Motorradfahrer beteiligt waren. In diesem Zeitraum habe es im Jahresdurchschnitt 30 Unfälle mit Motorradfahrern am Kesselberg gegeben, so Fischhaber auf Nachfrage. "Wir haben festgestellt, dass sich knapp 80 Prozent dieser Unfälle zwischen 15 und 22 Uhr ereignen." Obendrein verursachen seiner Darstellung nach Motorradfahrer 91 Prozent aller Unfälle am Kesselberg, bei denen Schwerverletzte im Krankenhaus behandelt werden müssen. Obwohl Motorradfahrer nur 13 Prozent des gesamten Verkehrsaufkommens am Kesselberg ausmachten, sei diese Gruppe an 73 Prozent aller Unfälle beteiligt.

Damit begründet die Verkehrsbehörde im Landratsamt die neue Regelung. Seit 2013 ist zwar laut den Statistiken des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd aus dem vergangenen Sommer nur ein Motorradfahrer am Kesselberg tödlich verunglückt. Alle bisherigen Maßnahmen, die Zahl der Motorradunfälle nach unten zu drücken, hätten aber nichts geholfen, so Fischhaber. Auch ein Versuch zwischen 2014 und 2018, mittels in den Fahrbelag gefräster Querrillen Raser unter den Motorradfahrern auszubremsen, ist gescheitert. Die sogenannten Rüttelstreifen sind inzwischen wieder entfernt. Baulich seien alle Maßnahmen damit ausgeschöpft, sagt Fischhaber. "Wir sehen keine andere Möglichkeit mehr."

Durch die nun getroffenen Maßnahmen hoffen die Verkehrsbehörden, dass die Zahl der Motorradunfälle am Kesselberg endlich signifikant sinkt. Die konkrete verkehrsrechtliche Anordnung für das neue Bergauffahrverbot wird allerdings erst folgen. Laut Fischhaber hätten die Behörden frühzeitig über die neue Situation informieren wollen und daher den Schritt an die Öffentlichkeit getan. Gleichzeitig betont der Sachgebietsleiter für Verkehr im Landratsamt, dass viele Motorradfahrer am Kesselberg ordnungsgemäß unterwegs seien. Für den Probezeitraum in den kommenden beiden Jahren sei es darum gegangen, alle Details abzuwägen und eine verhältnismäßige Lösung zu finden, so Fischhaber.

Der Kesselberg zählt in der Motorradfahrerszene zu den beliebtesten Strecken Bayerns. Das hängt mit der Historie der legendären Bergrennen der 1920er- bis 1930er-Jahre zusammen. Es liegt aber auch an der landschaftlich reizvollen Lage zwischen Kochel- und Walchensee. Zudem ist die Kurvenführung mit engen Radien für Motorradfahrer sehr verlockend. Insbesondere nach Feierabend zieht es vor allem im Sommer viele aus der Szene an die Kesselbergstrecke. Beschwerden von Anwohnern über Lärm und risikoreiche Fahrmanöver einiger Motorradfahrer häufen sich. In den sozialen Medien sind Aufnahmen von Positionen in extremer Schräglage und sprühenden Funken zwischen Knie- und Fahrbahnbelag zu sehen.

In den kommenden beiden Jahren des Probezeitraums für das neue Bergauffahrverbot will die Verkehrsbehörde genau beobachten, wie sich die Situation entwickelt. "Wir müssen sehen, wie und ob sich das auswirkt", so Fischhaber. Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass sich die Problematik verlagern könnte, wenn Motorradfahrer auf andere Tages- und Jahreszeiten ausweichen. Das bisher gültige Bergauffahrverbot für Motorradfahrer galt zwar nur an Sonn- und Feiertagen, dafür das ganze Jahr. Mit der neuen Regelung entfällt es jetzt. Insofern ver- wie entschärfen sich die Beschränkungen am Kesselberg für Motorradfahrer künftig gleichermaßen. Der starke Ausflugsverkehr spreche dagegen, dass die Problemgruppe nun verstärkt auf Wochenend- und Feiertagsvormittage ausweiche, so Fischhhaber.

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