Ausstellungseröffnung im Kloster Beuerberg:Das Gefühl der Heimat

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Die neue Schau beleuchtet das Thema aus politischer, religiöser sowie kultureller Perspektive und zeigt, dass die Liebe zu den eigenen Wurzeln auch manchmal "durch den Magen" gehen kann. Die Gäste können selbst aktiv werden

Von Benjamin Engel, Eurasburg

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Zur Eröffnung am 1. Mai genießen die Besucher das schöne Wetter im Klostergarten.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Im Laden wird es voll.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Schau erinnert auch an die "Lausbubengeschichten". Die Filme wurden in den 1960er Jahren in Beuerberg und Eurasburg gedreht.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Im Kreuzgang können sich die Besucher zu vielen Facetten des Heimatbegriffs informieren.

Zur "Heimat" - so der Titel der neu eröffneten Ausstellung in Kloster Beuerberg - hat Moritz Sappl ein besonderes Verhältnis. "Für mich ist das eine ganz spezielle Geschichte", sagt Eurasburgs Bürgermeister. Im Ort Beuerberg sei er aufgewachsen, dann 15 Jahre als Elektroingenieur weltweit für ein internationales Unternehmen unterwegs gewesen und dann wieder heimgekommen. "Daheim ist für mich ein Gefühl, da wo man herkommt", sagt Sappl. In Beuerberg seien seine Wurzeln. "Es macht mir Freude, da zu gestalten."

Zur Eröffnung der inzwischen vierten Schau im Beuerberger Kloster am Mittwoch ist kaum ein Parkplatz zu finden. Das liegt auch daran, dass der Burschenverein gleichzeitig unweit der sakralen Anlage einen neuen Maibaum aufstellt. Laut hallen die Kommandos zum Aufrichten des Stammes am späten Vormittag über den Platz. In der Klosterkapelle versucht sich derweil Christoph Kürzeder dem Begriff der Heimat in all seinen Facetten zu nähern. Dies ausgerechnet im Kloster darzustellen, sei eine besondere Herausforderung, schildert der Direktor des Freisinger Diözesanmuseums. "Das Christentum provoziert Heimatlosigkeit." Und genau dafür entschieden sich die Menschen im Kloster. Aus religiösem Verständnis gebe es erst im Himmel die ewige Heimat. So hätten die bis 2014 im Kloster ansässigen Salesianerinnen Familie und Freunde verlassen. Bei der Profess heiße es, "Du stirbst für die Welt, um für Jesus zu leben". Und doch hätten die Salesianerinnen ein heimatliches Kloster geschaffen, sagt Kürzeder.

Was den Heimatbegriff ausmacht, versucht die Schau durchzudeklinieren. So sind Bilder der idealisierten Landschaft um Kloster Beuerberg zu sehen. Filmausschnitte der "Lausbubengeschichten", die in den 1960er Jahren in Beuerberg und Eurasburg gedreht wurden, sind zu sehen. Prunkvolle Trachtengewänder ruhen hinter Glas in Vitrinen. Der Besucher erfährt, wie die bis zur Säkularisation in Beuerberg tätigen Augustiner-Chorherren die Natur nachhaltig prägten. So legten sie etwa rundum viele bis heute existierende Teiche zur Fischzucht an.

Gleichzeitig thematisiert die Ausstellung, wie der Heimatbegriff in der Zeit der Nazi-Diktatur missbraucht wurde. Und spart auch den Verlust der Heimat nicht aus. Das verdeutlichen Kochgeschirr, Schuster- und Schmiedewerkzeuge der am Ende des Zweiten Weltkriegs aus Ungarn vertriebenen Pusztavámer-Deutschen. Mit 41 Wagen kamen die Geflohenen im Januar 1945 in Beuerberg an. Zugleich sind in der Schau Interviews mit Geflüchteten aus Afghanistan zu sehen.

Spielerisch können sich die Ausstellungsbesucher der Heimat über die Sprache nähern. An einer der Multimediastationen lassen sich Begriffe aus dem Alltagsleben in Bayern über Knopfdruck im regional höchst unterschiedlich gefärbten Dialekt abhören. Wie die Worte im Freistaat je nach Landesteil dank besonderer Sprachfärbungen immer wieder leicht anders klingen, ist so nuancenreich faszinierend.

Zum Eröffnungstag lockt aber auch der Duft frischen Teigs in die Backstube der Ausstellung. Dort können die Besucher gleich selbst Hand anlegen und etwa eine Breze herstellen. So erfahren sie ganz anschaulich, dass Heimat manchmal ganz getreu dem Sprichwort "durch den Magen" gehen kann. Am Eröffnungstag begegnen sich aber auch viele Bekannte auf den Gängen und fangen an zu "ratschen", etwa über das neu aufgestellte prachtvolle Trumm Maibaum vor der Klosteranlage. So facettenreich lässt sich Heimat an diesem Tag verstehen.

Das Freisinger Diözesanmuseum hat die Ausstellung gemeinsam mit dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege organisiert. Dessen Vorsitzender Johann Böhm warnte vor einem allzu beliebigen Begriff der Heimat, der je nach Bedarf an und ausgezogen werde. Vielmehr gehe es um ein über Raum und Zeit beständiges Grundbedürfnis der Menschen. Das brauche allgemein gültige Begriffsbestimmungen. "Sie zu bemessen, ist Aufgabe der Heimatpflege." Gleichzeitig müsse sich die Heimatschutzbewegung über aktuelle Entwicklungen Gedanken machen.

Dass Heimat kein statischer, sondern auch ein dynamischer Prozess ist, macht der Untertitel der Schau "gesucht, geliebt, gefunden" deutlich. Daran erinnerte auch Peter Beer, Generalvikar der Erzdiözese München und Freising. Dem Veränderungsprozess hätten sich die Salesianerinnen mutig gestellt. Ihre Grundidee, Menschen vor dem Hintergrund des christlichen Erbes weiterzuführen, solle fortgesetzt werden.

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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