Sanieren, dämmen, Klima schützen:Experimentierraum für Häuslebauer

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Im "MakerSpace Denkmal- und Klimaschutz Benediktbeuern" können sich Besucher über Bauphysik, Denkmalschutz, Werkzeuge und Techniken informieren. (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und das Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau IRB eröffnen in der ehemaligen Schäfflerei im Kloster Benediktbeuern den "MakerSpace Denkmal- und Klimaschutz Benediktbeuern".

Von Anja Brandstätter, Benediktbeuern

Klimaschutz kann Spaß machen. Die Möglichkeiten sind mannigfac - und die Materialien teilweise ungewöhnlich. So durften Teilnehmer einer Führung durch das neu eröffnete "MakerSpace Denkmal- und Klimaschutz Benediktbeuern" etwa erfahren, wie sich "Cabot Aerogel Partielles P300", ein hochmoderner Dämmputz, anfühlt. Das weiße, federleichte Pulver steht in einem Schraubglas abgefüllt neben einem Glas voll Zellulose, ebenfalls ein Dämmmaterial, auf dem Fensterbrett im ersten Stock der Alten Schäfflerei des Klosters Benediktbeuern. Genauso ungewöhnlich finden die Besucher Dämmplatten aus Rohrkolben. Auch diese sind ausgesprochen leicht.

Beim "Tag des offenen Klosters" eröffnete das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und das Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau IRB kürzlich in den Räumen der Alten Schäfflerei den sogenannten MakerSpace Denkmal- und Klimaschutz Benediktbeuern. Das hört sich zunächst etwas befremdlich an. Gemeint ist ein Experimentierraum, der freies, offenes Arbeiten an verschiedenen Projekten zum Thema Bauphysik, Denkmalpflege, Ressourceneffizienz und Klimaschutz ermöglicht. Das Angebot richtet sich vornehmlich an Kinder, Jugendliche, Hausbesitzerinnen und -besitzer sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger, die mit historischen und modernen Werkzeugen Hand anlegen dürfen - und wollen. Alles dreht sich um Klimaschutz und Ressourcenschonung. Dieses Thema zieht beim Tag des offenen Klosters etwa 30 Besucher an, darunter auch Kinder.

Ingo Krüger von der Bayerischen Sparkassenstiftung, die das Projekt unterstützt, hofft, viele Bürger mit dem "MakerSpace" anzusprechen. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Wir möchten besonders Kindern vermitteln, wie es zur Klimakrise gekommen ist, aber auch was wir dagegen machen können. Man muss gute Projekte haben und Mut zum Tun machen", sagt Ingo Krüger von der Bayerischen Sparkassenstiftung, die das Institut mit einem Betrag von 25 000 Euro fördert. "Der Klimawandel ist das wichtigste Projekt unserer Zeit. Wir möchten, dass ihr Kinder nicht die Schultern hängen lasst, sondern wir suchen nach guten Ideen. Auch Hausbesitzer können hier selbst ausprobieren oder erfahren, was sie beitragen könnten", sagt er. Die Besucher erfahren, dass 65 Prozent der Häuser Altbestand sind, die 85 Prozent der Energie im Sektor Haushalte verbrauchen.

2010 wurde das Fraunhofer-Zentrum Benediktbeuern ins Leben gerufen. Ziel ist es, die ehemalige Schäfflerei denkmalgerecht und unter energetischen Gesichtspunkten instand zu setzen. Der Leiter der Kulturerbe-Forschung am Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Ralf Kilian, erklärt wie es zur Zusammenarbeit mit dem Kloster kam: "Unser Deal war so: Wir bekommen ein altes renovierungsbedürftiges Gebäude und dürfen es 25 Jahre lang benutzen. Wir können hier alles mögliche ausprobieren, zum Beispiel die Innendämmung." So ist die Schäfflerei zu einem Experimentierfeld nach dem Motto "Forschung, Demonstration, Wissen sammeln und vermitteln" geworden. Von Anfang an sollte die Sanierung als Anschauungsobjekt im Sinne einer "gläsernen Baustelle" dienen.

"Wir können aus einem alten Haus ein Niedrigenergiehaus machen"

"Wir möchten Lösungen aufzeigen. Die meisten Gebäude hier bei uns sind alt, und der Energiebedarf soll laut Regierung halbiert werden", sagt Kilian. Im vergangenen Jahr hat sich das Institut mit dem Thema Fenster beschäftigt. "In einem Glas steckt sehr viel Energie. Beim Fenstertausch sind wir Weltmeister, aber da könnte man etwas anderes vorziehen, zum Beispiel die Außendämmung mit Aerogel", erklärt der Wissenschaftler. "Wir können aus einem alten Haus ein Niedrigenergiehaus machen."

Schritt für Schritt hat das Institut seit 2010 das stark renovierungsbedürftige Gebäude wieder hergerichtet und zusammen mit dem Denkmalschutz in eine neue Zukunft geführt, nämlich in ein Forschungslabor für klimafreundliche Baustoffe und Techniken. Es geht aber auch um die Reduktion von Ressourcen. Wissenschaftler sitzen dort nicht im Elfenbeinturm, sondern möchten ihr Wissen weitergeben. "Man lernt besser, wenn man etwas selber macht. Dies hier ist eine Zukunftswerkstatt. Ich wünsche mir, dass wir enkeltaugliche Lösungen finden. Mit diesem Projekt haben wir das Geld gut angelegt", sagt Ingo Krüger. Auch Bürgermeister Anton Ortlieb ist zur Eröffnung des "MakerSpace Denkmal- und Klimaschutz Benediktbeuern" gekommen. "Ich freue mich sehr, dass wir Sie hier binden können. Als Kommune werden wir immer mehr in die Pflicht genommen", sagt er.

Wer möchte, kann sich nicht nur über altes Bauhandwerk informieren. Auch moderne Materialien werden vorgestellt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bei einem Rundgang durch die Schäfflerei erklärt Christine Milch, Koordinatorin des Fraunhofer-Zentrums Benediktbeuern, die frühere Funktion des Gebäudes als Fassmacherei. "Als wir 2010 begonnen haben, war das Gebäude in einem sehr sanierungsbedürftigem Zustand. Das Dach war brüchig und die Ziegel haben nicht gut gedämmt. 2016 haben wir eröffnet und Baustellenführungen angeboten", erzählt sie. Die Besucher erfahren, dass die Dachziegel auf Wiederverwendung geprüft und die fehlenden nach altem Muster nachgebaut wurden. Der heutige Eingangsbereich ist freundlich und hell. Das war vor Kurzem nicht so. "Überall lag Dreck und Schutt herum", sagt Christine Milch. "Wir wollten möglichst viel historische Substanz belassen. Die Denkmalpflege war von Anfang an mit im Boot, denn Denkmalschutz ist immer auch eine Verhandlungssache", erklärt sie.

Das Gebäude ist behindertengerecht umgebaut, so führt neben einer Treppe auch ein Aufzug in den ersten Stock. Dort befindet sich ein großer Vortags- oder Seminarraum. Ralf Kilian erklärt, wie die energetische Ertüchtigung von Bestandsfenstern gelungen ist, indem man Doppelfenster angebracht hat: "Die innere Scheibe muss dicht sein, die äußere luftdurchlässig, so bekommt man keinen Schimmel." Weiterhin geht es im ersten Stock um verschiedene Möglichkeiten der Dämmung, auch haptisch können Besucher verschiedene Materialien kennenlernen. Absolutes Highlight ist der barocke Dachstuhl in Hängesäulenkonstruktion. "Das ist der Stolz des Gebäudes", erklärt Christine Milch. Der Lastenaufzug aus dem Jahr 1680 ist immer noch funktionstüchtig.

Freies und offenes Arbeiten soll im "MakerSpace" in der Alten Schäfflerei möglich sein. (Foto: Hartmut Pöstges)

Zum Schluss erfahren die Besucher noch einiges im sogenannten bauphysikalischem Labor. Die Wissenschaftler beschäftigen sich in diesem Raum mit der Wandflächenheizung. Dieses Forschungsprojekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. "Im Vordergrund steht die Unterstützung unterschiedlicher Heizungssysteme, die bei energetischen Altbausanierungen unter den besonderen Auflagen des Denkmalschutzes zum Einsatz kommen können" steht auf einer Informationstafel. "Strahlende Wandflächen sind sehr angenehm und halten die Feuchte aus der Wand. Sie sind sogar für Wärmepumpen geeignet", sagt Ralf Kilian und fügt hinzu, "den Klimaschutz muss man sehr ernst nehmen."

Während die Erwachsenen all die Informationen aufsaugen, sind die Kinder damit beschäftigt, in der ehemaligen Schmiede im Erdgeschoss individuelle Schlüsselanhänger zu basteln. Dabei hilft ihnen Maximilian Mügge, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Innovationsmanagement. Mit einem Lasercutter gravieren sie einen Schriftzug oder ihren Namen auf eine dünne Holzplatte. Sie können sägen, schrauben und selber Hand anlegen. Auch der Scheck von der Bayerischen Sparkassenstiftung, den Ingo Krüger überreicht, kommt gerade frisch gedruckt auf Holzplatte aus dem Lasercutter. Damit das Institut von der Bevölkerung wahrgenommen wird, wollen die Initiatoren versuchen, ein Repair-Café anzusiedeln. Feste Öffnungszeiten für die Einrichtung gibt es bislang noch nicht.

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