Zwischendurch wurde Andreas Baumann blümerant zumute. Eine Stunde nach dem Beginn der Jobmesse schoben sich die Besucher am Dienstagnachmittag dicht an dicht und in stickiger Luft an den Ständen im Sitzungssaal und im Foyer des Landratsamtes vorbei - was den Chef des Tölzer Jobcenters einen Moment lang sogar befürchten ließ, dass das Ganze "gleich aus dem Ruder läuft". Selten dürfte die Berufsmesse, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in direkten Kontakt bringt, jedenfalls auf eine derart große Resonanz gestoßen sein. Vor allem deshalb, weil das Jobcenter diesmal auch ukrainische Flüchtlinge eingeladen hatte, vorwiegend Frauen. Und die kamen in Scharen.
Andreas Munkert hat schon drei Ukrainerinnen angestellt. "Das funktioniert", sagt der Vorsitzende des Unternehmervereins "Wir für Tölz" und Geschäftsführer der Reha-Klinik Frisia in Bad Tölz. Am Anfang genüge es zum Einarbeiten, wenn sie über einen Dolmetscher die relevanten Worte für die oftmals gleichen Arbeitsabläufe lernten, der Rest komme dann schon. Er habe die Erfahrung gemacht, dass die Mitarbeiterinnen aus der Ukraine "sehr lernwillig" und "sehr schnell im Deutschlernen seien", sagt Munkert. Außerdem sei ihre Tätigkeit "eine Entlastung für die Fachkräfte".
Am Tisch des Tölzer Binderbräu wird man sich auch ohne Sprachkenntnisse mit Hilfe einer Übersetzerin rasch einig. Das Gast-, Brau- und Volkskunsthaus an der Ludwigpromenade sucht einen Koch und Küchenhilfen, eine junge Ukrainerin interessiert sich. Sie bekommt die Antwort, dass sie schon am nächsten Tag kommen soll, Punkt 9 Uhr. Einen Tag zur Probe, und wenn alles klappt, dann eine Festanstellung. Ganz so flott geht es am Stand der Fachklinik Lenggries nicht. Eine junge Mutter, die mit ihrem Kind und Verwandten in Geretsried untergebracht ist, erkundigt sich nach einem Job. Die Fahrt nach Lenggries wäre für sie nicht das große Problem, außerdem hat die Klinik eigene Einzelzimmer für Mitarbeitende. Aber eine Trennung von ihrem Kind, das wäre dann doch schwierig.
Kliniken und Pflegeeinrichtungen, Bäckereien und Krankenkassen, Bildungsträger von Kolping über "Donner und Partner" bis hin zur Frau und Beruf GmbH sowie eine ganze Reihe von Firmen präsentieren sich mit ihrem Profil und ihren Angeboten auf der Jobmesse. Der Flüssiggas-Lieferant Tyczka aus Geretsried ist dabei, die Straßenbaufirma Willibald aus Lenggries, die Deutsche Bahn, die Bayerische Regio-Bahn, die FM-Dienste für Gebäudereinigung und Haushaltsservice. Viele Arbeitgeber wüssten aus leidvoller Erfahrung, wie kompliziert es sei, derzeit Stellen noch halbwegs adäquat zu besetzen, sagt Andreas Ross, Wirtschaftsförderer des Landkreises. Mit der Messe biete das Jobcenter in Zeiten des Fachkräftemangels eine Gelegenheit, dass Unternehmer und Arbeitnehmer unbürokratisch und schnell zueinanderfinden. Andreas Munkert drückt dies so aus: "Ich wünsche mir, dass jeder Arbeitgeber heute mindestens einen Arbeitnehmer mitnehmen kann." Die Chance dürfte in dem großen Gedränge jedenfalls nicht klein gewesen sein.