Insolvenz:Großmetzgerei Sieber verklagt den Freistaat

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  • Die Behörden hatten den Betrieb in Geretsried Ende Mai geschlossen und alle Würste und Wammerl aus dem Handel zurückgerufen, nachdem dort Listerien gefunden wurden.
  • Das Unternehmen musste danach Insolvenz anmelden.
  • Aus Sicht des Insolvenzverwalters hätte das "Vorzeigeunternehmen Sieber" nicht geschlossen werden dürfen.

Von David Costanzo, Geretsried

Alles hat ein Ende: Die insolvente und aufgrund von Listerien geschlossene Großmetzgerei Sieber verklagt den Freistaat auf bis zu zwölf Millionen Euro Schadenersatz. Die Gläubiger haben diesen Schritt einstimmig beschlossen, sagt Insolvenzverwalter Josef Hingerl. Das Unternehmen werde zerschlagen.

Zur Gläubigerversammlung am Amtsgericht Wolfratshausen seien am Donnerstagmorgen etwa zehn der rund 100 Betroffenen erschienen - darunter die Hausbank, frühere Angestellte und Lieferanten.

Die Behörden hatten den Betrieb in Geretsried Ende Mai geschlossen und alle Würste und Wammerl aus dem Handel zurückgerufen. Auf Produkten von Sieber waren Listerien gefunden worden waren, die nach Angaben der Behörden mit großer Wahrscheinlichkeit für einen Krankheitsausbruch in Süddeutschland verantwortlich sind.

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Aus Sicht des Insolvenzverwalters hätte das "Vorzeigeunternehmen Sieber" nicht geschlossen werden dürfen. Darum fordert Hingerl zunächst rund elf Millionen Euro, eine weitere Million komme wohl bei der Abwicklung des Unternehmens hinzu. Diese Forderung werde er zunächst mit einmonatiger Frist bei Landratsamt und Verbraucherministerium geltend machen, um einen außergerichtlichen Vergleich anzubieten. Zahlen diese nicht, werde er die Klage im Dezember beim Verwaltungsgericht einreichen.

Hingerls Begründung: In den vergangenen zehn Jahren habe es nur eine Probe gegeben, die über dem gesetzlichen Grenzwert für Listerien lag - ein Wacholderwammerl, das am 16. März gefunden worden war. Dieser Fall sei umgehend abgearbeitet worden.

Im Mai sei zudem eine nur schwach belastete Packung "Fleischwurst mit Paprika" falsch zugeordnet worden: Statt dem Werksverkauf unmittelbar vor den Toren der Großmetzgerei, wo sie gefunden worden war, sei sie in den Betrieb verschoben worden. Der Unterschied: Im Handel gilt ein Grenzwert von 100 kolonienbildenden Einheiten pro Gramm, im Betrieb null Toleranz. Die Probe habe eine Belastung von unter 10 Einheiten gehabt. Erst die aus Sicht des Unternehmens falsche Zuordnung habe offenbar zur Schließung geführt.

Die Behörden haben die Darstellungen des Unternehmens stets vehement zurückgewiesen. "In diesem Fall ging es darum, ein mutmaßlich durch Produkte der Firma Sieber verursachtes Krankheitsgeschehen mit mehreren Toten zu beenden", erklärte ein Sprecher Verbraucherschutzministeriums. Nach Erkenntnissen des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit lägen derzeit 23 Listeria-monocytogenes-Isolate vor, die Muster aufweisen, die für das Ausbruchsgeschehen in Süddeutschland spezifisch seien. Seit 2012 erkrankten bei dieser Welle 78 meist ältere Menschen, acht starben, zwei Schwangere erlitten Fehlgeburten. Nach der Schließung des Unternehmens kamen laut Behörden keine weiteren Fälle hinzu.

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