Inklusion:"Aushalten, dass alle verschieden sind"

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"Das Leben ist bunt": So lautet die Botschaft des inklusiven Theaterstücks "Farbenblind" , das in der Lettenholz-Schule in Bad Tölz seine Premiere hatte. (Foto: Manfred Neubauer)

Die inklusive Theater AG mit Kindern der Tölzer Förderschule und der Grundschule am Lettenholz bringt ihr erstes Stück auf die Bühne: "Farbenblind".

Von Petra Schneider, Bad Tölz

In der Turnhalle der Lettenholz-Schule in Bad Tölz ist eine Bühne aufgebaut, das Bühnenbild ist einfach: schwarze und weiße Tücher, die von bunten Spots angeleuchtet werden. Kinder sitzen auf dem Hallenboden und warten, dass die Vorstellung beginnt, am Nachmittag sind die Eltern eingeladen. Denn an diesem Mittwoch gibt es eine Premiere: Die inklusive Theater AG mit Schülerinnen und Schülern der Grundschule am Lettenholz und von der Marie-Luise-Schultze-Jahn Förderschule aus Tölz präsentiert ihr erstes Stück.

Die Kooperation zwischen Grundschule und Förderschule verlief unkompliziert

Erst seit diesem Schuljahr gebe es die Kooperation, erklärt Grundschulleiterin Bärbel Weixner. Alles sei ganz unkompliziert gelaufen, "und wir hoffen, dass es weitergeht". Die fröhlichen Bilder der Special Olympics in Berlin sind noch frisch, "das geht in die richtige Richtung", findet Klaus Koch, Rektor des Sonderpädagogischen Förderzentrums und Dritter Landrat. Der Grundgedanke von Inklusion sei: Für jede und jeden müsse es eine Möglichkeit geben, mitzumachen.

Das gilt auch für die inklusive Theater AG, die an der Förderschule im Rahmen des Ganztagsangebots stattfindet, für die Grundschüler als freiwilliges Wahlfach. Für das Projekt gebe es staatliche Zuschüsse und Lehrerstunden, sagt Koch. Und so haben sich 13 Kinder der dritten bis sechsten Klasse der Förderschule gemeinsam mit 13 Grundschülern, von denen fünf bei dem Stück mitmachen, unter der Leitung von Förderschullehrerin Yvonne Schneider Szenen ausgedacht, Lieder und Choreographien einstudiert. Am Ende ist ein kleines Stück mit dem Titel "Farbenblind" entstanden.

13 Förderschüler und 13 Grundschüler haben sich die Szenen ausgedacht, Lieder und Chroeographien einstudiert. (Foto: Manfred Neubauer/Manfred Neubauer)

Das geht so: Gruppen in verschiedenfarbigen T-Shirts ziehen mit Transparenten in Richtung Bühne. "Wir sind die Besten", skandiert die blaue, die rote, die grüne, die gelbe Gruppe. Aus dem Off hört man eine strenge Stimme: "Hier spricht die Polizei, diese Demo wurde nicht genehmigt, gehen Sie bitte sofort in Ihre Häuser." Streit entbrennt zwischen den Gruppen, die Kinder auf der Bühne schreien und gestikulieren, es ist ein wildes Tohuwabohu. Jungs mit Caps und dunklen Sonnenbrillen geben die Regeln vor: "Das Mischen der Farben ist verboten". Aber Vorurteile und Ausgrenzung schaffen Hass und Chaos, und nur gemeinsam kann etwas Schönes entstehen. "Das Leben ist bunt", so lautet die Botschaft des Stücks, das die Kinder einträchtig und bunt gemischt am Ende der halbstündigen Aufführung singen.

"Wir hatten einfach viel Spaß", sagt Yvonne Schneider, Lehrerin an der Marie-Luise-Schultze-Jahnschule. (Foto: Manfred Neubauer)

Alles hat toll geklappt, die jungen Schauspieler fassen sich an den Händen und genießen den Applaus. Sie habe mit den Kindern kein fertiges Stück mit festen Rollen eingeübt, erklärt Schneider, die mit ihrem bunt gefärbten Kurzhaarschnitt eine perfekte Botschafterin des Projekts ist. Denn auch Schülerinnen und Schüler, die sich schwertun mit dem Lernen, mit dem Sprechen oder die Probleme in ihrer emotionalen oder sozialen Entwicklung hätten, sollten entsprechend ihrer Fähigkeiten mitmachen können. Und so sei eine Geschichte von den Kindern, "und irgendwie auch über sie" entstanden.

Berührungsängste zwischen Grund- und Förderschülern habe es nicht gegeben, sagt Schneider. Was sie anfangs aber beobachtet habe, waren "Sprüche, wo man merkt, das haben die von zuhause". Im Lauf des Jahres, durch Gespräche und Gruppenspiele, sei das "ausgeräumt" worden. Was Schneider im Vorspann zum Stück sagt, ist ein wunderbares Plädoyer. Inklusion bedeute, "auszuhalten, dass alle verschieden sind, nicht alles gleich gut können oder gleich gut finden". Aushalten - "und dann das Beste daraus machen". Inklusion und Anti-Rassismus, das seien Begriffe, die Erwachsene in Bezug auf die Theater AG verwenden. "Wir sagen: Wir hatten einfach viel Spaß."

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