Im Wahlkreis:Erster werden unter Gleichen

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Beim politischen Ascherdonnerstag der Kreis-SPD stellt der Landtagskandidat Robert Kühn sich und seine Agenda in einem kompakten Vortrag vor - bevor der Fisch auf dem Teller kalt wird.

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Robert Kühn ist SPD- Landtagskandidat. (Foto: privat/oh)

Buntbarsch und Hering warteten in der Küche auf ihren Einsatz, die Kellnerin aber nicht: "Wie lange reden Sie noch?", fragt sie Robert Kühn mitten in seinem Vortrag: "Der Fisch wird kalt." Dabei hatte Kühn, Landtagskandidat und Hauptredner beim diesjährigen Fischessen der Landkreis-SPD am Donnerstag in der Reindlschmiede Bad Heilbrunn, gerade erst das Wort ergriffen. Doch von der resoluten Frage nach dem Ende ließ sich der 35-Jährige nicht aus der Ruhe bringen. Freundlich lächelnd bat er um weitere "fünf bis zehn Minuten", die ihm nicht nur gewährt wurden, sondern die er auch einhielt. In der Folge nutzte Kühn seinen Auftritt am "Ascherdonnerstag", wie die Kreis-Genossen den Tag nach Aschermittwoch genannt hatten, für eine recht kompakte Vorstellung seiner politischen Agenda.

"Die Messlatte liegt ja wohl nicht allzuhoch, wenn ich höre, wie es gestern in Vilshofen war", scherzte er über den politischen Aschermittwoch der Bundes-SPD. "Also versuche ich mich gut zu schlagen". Den politischen Gegnern warf Kühn allerdings keinen verbalen Fehdehandschuh hin, sondern fokussierte auf das, was ihn bewege. Bad Heilbrunn, Ort der SPD-Veranstaltung, komme voran, sagte Kühn. "Der Ortskern soll entwickelt werden, nach drei Jahrzehnten des Stillstandes tut sich endlich was". Das sei "genau eines der Themen, die mir wichtig sind: die Entwicklung der Ortskerne." Er bewertete es positiv, dass Bürger ihre Meinung zu den drei Siegerentwürfen abgeben könnten. Und er selbst finde darin gut, dass in allen Entwürfen Wohnungen und Mehrgenerationenhäuser geplant seien. "Das ist ganz, ganz wichtig in unserer Gesellschaft, dass Jung und Alt unter einem Dach wohnen. So sieht Solidarität aus, wie wir sie uns in Zukunft vorstellen."

Kühn wollte aber "auch ehrlich sein": Betrachte er sich die politischen Gegner "die Mitspieler", wie er sagte, seien die Themen überall gleich. "Jeder möchte günstigen oder gar kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, jeder möchte erschwinglichen Wohnraum und jeder möchte die Orte und ländlichen Strukturen stärken." Das aber stelle ihn und die SPD vor ein Dilemma. "Wie machen wir den Leuten klar, was sozialdemokratische Politik bedeutet? Was verstehen wir darunter, wenn wir sagen, wir wollen Wohnungen bauen? Wie bringen wir unseren Weg, unsere Politik den Bürgern nahe?" Und das in einer Region, in der man "wahrscheinlich mehr Porsche und SUVs sieht als Bürger, die am Rande der Gesellschaft stehen", vermutet Kühn. Doch es sei Aufgabe der SPD, jedem zu vermitteln, dass es nicht länger Realität sein dürfe, "dass ältere Menschen von ihrer Rente nicht mehr leben können und deshalb arbeiten müssen oder Flaschen sammeln gehen."

Kühns Idee zur Lösung: "Zuhören. Die richtigen Fragen stellen. Den Problemen auf den Grund gehen. Und dem Bürger klarmachen, warum es ihn angeht, warum wir diese sozialdemokratische Politik machen wollen und was er davon hat." Statt der politischen Gegner kritisierte Kühn kurz die eigene Parteispitze: "Ich wage zu behaupten, unsere Spitzengenossen haben das Verkäufer-Gen nicht mehr". Sie wollten entweder Verwalter oder Geschäftsführer sein. "Aber das, was wir brauchen, sind Spitzenpolitiker und Spitzenverkäufer unserer Politik in Berlin und bei uns, und das will ich bei der Landtagswahl für Euch sein", sagte Kühn. Auch wenn er "nicht von der Pole Position" starte, so wolle er dennoch zeigen, "dass ich Verantwortung übernehmen will." Dazu sei es aber nicht nötig, dass Reden lange dauern, fügte er mit einem Augenzwinkern in Richtung Kellnerin an, ehe er schloss mit "Glück auf und guten Appetit".

Zuvor hatte der Kreisvorsitzende Wolfgang Werner kurz die derzeit laufenden Debatten um die Große Koalition angesprochen. "Jedes SPD-Mitglied hat ja wohl schon die Unterlagen bekommen", eröffnete er. Doch damit erntete er viele fragende Blicke und vereinzelte Nein-Rufe. Der dicke Umschlag mit dem Vermerk "wichtige Unterlagen", den Werner in seinem Briefkasten gefunden und als Koalitionsvertrag interpretiert hatte, weil er ihn noch nicht geöffnet hatte, konnten andere Anwesende lediglich als Steuerunterlagen identifizieren. "Nichtsdestoweniger naht der Mitgliederentscheid", sagte Werner, am 4. März soll das Ergebnis verkündet werden. "An diesem Tag ist auch die Aufstellungsversammlung der oberbayerischen SPD in Penzberg", kündigte er an. Das bundespolitische Thema habe alles überlagert. Nun aber werde es Zeit, "dass wir den Fokus wieder auf bayerische Themen richten", forderte er.

Ganz kurz schaltete Werner deshalb selbst noch einmal um auf Wahlkampfmodus, um an diesem Ascherdonnerstag mit politischen Gegnern ins Gericht zu gehen: "Die CSU hat gerade die unterste Schublade ausgepackt, sie beschwören die angeblich gute alte Zeit mit Franz Josef Strauß, und es werden die Begriffe CSU und Heimat wieder gleichgesetzt", kritisierte er. Doch die "CSU steht nicht für Erneuerung, nicht für Aufbruch, sondern für eine rückwärtsgewandte Politik", schloss der Kreisvorsitzende.

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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