Arbeitsmarkt:Große Firmen haben's leichter

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Renate Waßmer, Vorsitzende des IHK-Regionalausschuss Bad Tölz-Wolfratshausen, spricht im gertenbaubetrieb Fuchs zu Wirtschaftsvertretern (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Regionalausschuss der IHK widmet sich auf einer Tagung dem anhaltenden Fachkräftemangel.

Von Arnold Zimprich, Lenggries

Dass viele Betriebe nicht genügend Mitarbeiter und Nachwuchs finden, ist auch im Landkreis schon länger ein Problem. Der Regionalausschuss Bad Tölz-Wolfratshausen der Industrie- und Handelskammer (IHK) München und Oberbayern hat sich nun dieses Themas angenommen. "Der Fachkräftebedarf ist nach wie vor sehr hoch", erklärte Elfriede Kerschl, IHK-Referatsleiterin für Fachkräfte, bei der Tagung zur "Sicherung und Qualifizierung von Fachkräften", die am Mittwoch beim Lenggrieser Gartenbauunternehmen Fuchs stattfand. Sie berief sich auf die jüngst bei Unternehmen in Bayern durchgeführte "Sonderbefragung Konjunktur".

Die Tourismusbranche und das Baugewerbe sind laut IHK-Umfrage vom Fachkräftemangel besonders betroffen. Rund 70 Prozent aller Unternehmen sehen darin ein Risiko. In der Tourismusbranche fehlten insbesondere Fachkräfte aus dem Ausland, auch wenn deren Zugang zum Arbeitsmarkt, wie Kerschl sagte, vereinfacht werden soll. Mitunter täten sich die Unternehmen schwer, Bewerber richtig anzusprechen. Offene Stellen zielgruppenwirksam auf den sozialen Medien zu präsentieren, sei noch nicht Gang und Gäbe, sagte sie - dafür aber die Bereitschaft, Arbeit Home-Office zu gewähren. "Die meisten Unternehmen bieten zwei bis drei Tage an."

Hinzu kommt, dass die Mitarbeiter immer älter werden. Welche Folgen der demografische Wandel auf den Arbeitsmarkt hat, malte Kerschl aus. "Schon jetzt sind Arbeitskräfte in Bayern durchschnittlich 46,4 Jahre alt", sagte sie. "Das Durchschnittsalter wird in den nächsten Jahren auf 53,7 Jahre steigen." Für die Unternehmen sei auch die Bindung von Mitarbeitern eine Herausforderung. Deren Bereitschaft zum Stellenwechsel habe sich während der Corona-Pandemie erhöht: "Rund 20 Prozent gaben an, sich aktiv nach einer anderen Stelle umzusehen, 60 Prozent zeigten sich für einen Stellenwechsel offen."

Der Arbeitsmarkt sei jedoch transparenter geworden, sagte Monika Uhl, die den Ausbildungskompass für die Region Oberland 2017 mitinitiiert hat. Trotzdem sei noch viel zu tun. "Bei Betrieben bis 50 Mitarbeitern werden rund 50 Prozent der offenen Stellen besetzt", berichtete Uhl, "Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern können 80 Prozent ihrer offenen Stellen besetzen." Es gelte: "Je kleiner die Firma, desto schlechter die Sichtbarkeit." Der Ausbildungskompass bildet den Ausbildungsmarkt in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen, Weilheim-Schongau, Garmisch-Partenkirchen und Miesbach ab. Gegen eine geringe Gebühr können Betriebe ihre offenen Stellen präsentieren. Laut Uhl bieten aktuell 170 Betriebe aus der Region 17 277 Stellen in 110 unterschiedlichen Berufen an.

Die konjunkturellen Aussichten aber sind trüb. "Was die Erwartungen an die Zukunft angeht, befinden wir uns im freien Fall", sagte Elke Christian, die bei der IHK für Wirtschaftspolitik zuständig ist. 57 Prozent der Unternehmen, die bei der Sonderbefragung mitgemacht hätten, sähen Probleme bei der Inlandsnachfrage, konstatierte Christian, diese sei "abgestürzt wie nie". 44 Prozent sogar hätten angegeben, dass sie in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig seien. "Es macht sich die Sorge breit, dass es mit den Hilfen viel zu lange dauert." Dass die Lage nicht nur bei den Unternehmen ernst ist, machte die Vorsitzende des Regionalausschusses und Sparkassen-Chefin Renate Waßmer deutlich. Laut Umfrage ihres Keditinstituts seien 60 Prozent der deutschen Haushalte "schon jetzt nicht mehr sparfähig", sagte sie.

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