Steigende Preise in Icking:"Liebe Leute, das Wasser wird teurer"

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Trinkwasser aus der heimischen Wasserleitung wird in Erding ab 2023 teurer. (Foto: Roland Weihrauch/dpa)

In Icking hat sich der Preis von 1,43 Euro pro Kubikmeter auf 3,88 Euro fast verdreifacht. Nach einem Sturm der Entrüstung zeigt sich bei einer Sondersitzung, dass an den neuen Gebühren nicht zu rütteln ist, sondern bald weitere Kommunen folgen werden. Die besonders betroffenen Landwirte sollen aber mit einer Regenwasserprämie entlastet werden.

Von Susanne Hauck, Icking

Die Entrüstung über die immens gestiegenen Wassergebühren in Icking ist immer noch riesig. Die Sondersitzung dazu am Montag - mit rund 15 Zuhörern - war dazu gedacht, die Wogen zu glätten und mögliche Handlungsspielräume auszuloten. Sie zeigte aber vor allem eines: Die Gemeinde hat es bislang nicht verstanden, ihre Bürger auf dem steinigen Weg zur Leitungssanierung mitzunehmen. Bürgermeisterin Verena Reithmann (UBI) räumte Versäumnisse ein. "Wir hätten aktiver sein müssen", gestand sie ein, "und deutlicher rufen müssen, liebe Leute, das Wasser wird teurer."

Hohe Nachzahlungen, die wegen eines rückwirkenden Beschlusses scheinbar wie aus heiterem Himmel kamen. Gebühren, die sich teils fast verdreifachten. Milchbauern, die sich auf einen Schlag mit doppelt so hohen Jahresrechnungen von 10 000 Euro konfrontiert sahen und um ihre Existenz fürchteten. Ein Ortsteil, der sich ungerecht behandelt fühlt - all das hatte die Wut der Bürger entfacht. Überrumpelt gefühlt hatte sich im Februar auch der Gemeinderat, obwohl er die Erhöhungen Monate zuvor einstimmig abgenickt hatte.

Bislang dürfte es bei den wenigsten Bürgern angekommen sein, dass die Gemeinde schon lange keine wasserrechtliche Genehmigung mehr hat und die Behörden deshalb Druck machen, die Sache endlich anzupacken. Teuer wird die Sanierung für die Verbraucher deshalb, weil es rechtlich so ist, dass die Kosten in einem festgeschriebenen Zeitraum direkt umgelegt werden müssen und nicht längerfristig abgeschrieben werden können. Hier gehe es aber ums lebensnotwendige Trinkwasser, versuchte der als Fachmann eingeladene Harald Kienlein vom Ingenieurbüro Kienlein, die wegweisende Bedeutung der Maßnahme herauszuarbeiten. Icking sei beileibe kein Sonderfall mit seinem alten Netz und dem sanierungsbedingten Wasserpreis. "Das wird andere Gemeinden genauso treffen, der Wasserpreis wird mittelfristig überall steigen." Kienlein machte wenig Hoffnung darauf, dass die Gebühren nach vier Jahren wieder sinken werden. "Die Sanierung eines Leitungsnetzes von 40 Kilometern kostet bis zu 40 Millionen Euro, da muss man jährlich 400 000 Euro jährlich investieren und verteilen."

Reithmann hatte die Eingaben der Bürger in Themenblöcken zusammengefasst und ließ sie von den Experten beantworten. Eingeladen war Ingrid Hannemann vom Münchner Büro Kubus Kommunalberatung. Die Gebührenrechtlerin ließ keinen Zweifel daran, dass bei der Preiskalkulation alles mit rechten Dingen zugegangen sei und dass die Verbraucher zahlen müssten. Aber auch die Gemeinde müsse sich an der Nase fassen, weil der Herstellungsbeitrag in Höhe von 4,61 Euro für die Erstanschließung seit 50 Jahren quasi nicht angehoben wurde und viel zu billig sei. "Sie haben ein Riesenfinanzierungsloch", erklärte Hannemann. "Das sind Altlasten, die nicht mehr gutzumachen sind."

Wasserwart Stephan Burlein testet die Wasserqualität. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wasserwart Stephan Burlein sprach von einem Wasserverlust durch Rohrbrüche von bis zu 40 Prozent in den vergangenen Jahren und zählte die Brennpunkte auf: vor allem Eichendorffweg, Fuchsbichl, Spatzenloh, Almweg und der Untere Kapellenweg. "Das Wasserwirtschaftsamt ist nicht mehr bereit, das zu tolerieren." Deshalb habe die Gemeinde 2020 auch beschlossen, die Sanierung umgehend auf den Weg zu bringen, erklärte Reithmann, denn Rohrbrüche für teures Geld zusammenflicken zu lassen, sei die sinnloseste Maßnahme. "Wir wollten den Faden mit den dringendsten Sachen nicht abreißen lassen", rechtfertigte sie die rückwirkende Gebührenerhebung auf 3,88 Euro pro Kubikmeter.

Damit werden auch die Dorfner leben müssen, die schon bislang deutlich mehr bezahlten (1,89 statt 1,43 Euro in Icking) und sich jetzt ärgern, weil sie die kaputten Leitungen in Icking mitfinanzieren müssen. "Als eigenständige Einheit schafft es Dorfen aber nicht, weil es zu klein ist", erklärte Reithmann.

Für die unterm neuen Wasserpreis schwer ächzenden Landwirte, deren Milchkühe bis zu 150 Liter pro Tag trinken, zeichnet sich indes eine Lösung ab: Weil bei den Gebühren wegen des Gleichheitsgrundsatzes nichts zu machen ist, soll die Mehrbelastung der Bauern mit einer neu eingeführten Prämie für die Regenwasserbewirtschaftung aufgefangen werden. Im Klartext bedeutet das, dass das Niederschlagswasser gesammelt, wiederverwendet und nach Menge vergütet werden soll. Der Umweltausschuss soll dazu möglichst schnell eine Lösung mit einem Punktesystem schaffen. "Die Gemeinde muss handeln, damit ihre sieben Landwirte weiterleben können", hatte Uschi Loth (PWG) gefordert. Noch nicht vom Tisch ist außerdem eine Erhöhung der vom Verbrauch abgekoppelten Grundgebühr, um die Bauern etwas zu entlasten. Dafür braucht es aber neue Beschlüsse. Was unabhängig davon gegründet werden soll, ist ein Arbeitskreis, der in die Zukunft denkt und an einem zuschussfähigen Infrastrukturkonzept für die Wassersanierung arbeitet.

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