Leserbriefe:Verträgliche Standorte nutzen

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Zu " Bürgerversammlung in Icking" vom 8. Juni:

Freiflächen-Photovoltaik ist derzeit ein heftig diskutiertes Thema in Icking. Es wird demnächst auch Thema der Bürgerversammlung sein. Ein Projekt zwischen Bahnstrecke und B 11 wurde vom Gemeinderat nicht nur, aber auch, wegen dort zusätzlich vorgesehener Medikamenten-Lager- und Kühlhäuser abgelehnt.

Neben der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes gibt der Standort auch unter ökologischen Gesichtspunkten sehr zu denken: Im zuständigen Ministerium für Wirtschaft und Umwelt und bei den beteiligten Bundesämtern für Umwelt und Naturschutz besteht Einigkeit über geeignete, im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetztes (EEG) für Photovoltaik privilegierte Standorte: auf und an bereits vorhandenen Gebäuden, auf ohnehin bereits versiegelten Flächen, und entlang von Autobahnen und Schienenwegen (Fernbahnstrecken mit zwei oder mehr Gleisen) und insbesondere auf sogenannten Konversionsflächen. All diese gelten als "ohnehin bereits in ihrer Funktionalität beeinträchtigte Flächen". Landwirtschaftliche Flächen, Grünland, Vegetationsflächen überhaupt sollen geschont werden.

Technisch-ökologischer Hintergrund ist, dass die von PV-Modulen absorbierte Sonnenstrahlung für die in der Vegetation stattfindende Photosynthese im natürlichen Kohlenstoffkreislauf und den damit verbundenen kühlenden Effekt nicht mehr zur Verfügung steht. Photovoltaik liefert nur einen kleinen Teil der absorbierten solaren Strahlung als elektrische Energie, unter Berücksichtigung aller Wirkungsgrade, Verlust- und Alterungseffekte am Netz-Einspeisepunkt kaum mehr als 15 Prozent. Das meiste wird in Form von Wärme an die Umgebung abgegeben. Eine Anlage auf fünf Hektar würde pro Jahr circa vier Millionen kWh elektrische Energie erzeugen, circa zehn Prozent des derzeitigen Stromverbrauchs von Icking, dabei aber circa 20 Millionen kWh Wärme an die Umgebung abgeben. Dagegen würden auf der betroffenen Fläche circa 25 bis 50 Tonnen Biomasse nicht erzeugt, 50 bis 100 Tonnen CO2 nicht abgebaut und 40 bis 80 Tonnen Sauerstoff nicht freigesetzt.

Der Forschungsbericht des Bundesamtes für Umwelt,"Umweltverträgliche Standortsteuerung von Solar-Freiflächenanlagen", Texte 141-2022, Dezember 2022, ist eindeutig: "Aufgabe ist ... der Schutz von Flächen, deren Funktionen im Umwelt- und Naturhaushalt eine besondere Bedeutung und Ausprägung haben, ... Die Inanspruchnahme solcher Gebiete durch bauliche Anlagen sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Solar-Freiflächenanlagen sind auf Standorte zu lenken, die bereits in ihrer Funktionalität beeinträchtigt sind".

Dass Photovoltaik eine gute und sinnvolle Option für einen Beitrag zur Stromerzeugung ist, steht außer Frage. Doch eine "energieautarke" Versorgung, wie in dem besagten Artikel suggeriert, ist Illusion, denn Solarstrom-Erzeugung und Stromverbrauch passen bekanntlich tages- und jahreszeitlich schlecht zusammen. Auf dem Gemeindegebiet stehen mehrere aufgrund ohnehin gegebener Beeinträchtigung ihrer Funktionalität im Sinne des EEG privilegierte Flächen zur Verfügung, etwa neben der Autobahn und auf dem Gelände des aufgegebenen Geothermie-Projektes. Standorte, die mit Umwelt, Natur und Landschaft besser verträglich wären.

Ludwig von Poswik, Icking

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