Lernen in der Pandemie:Geretsried lehnt mobile Luftfilter für Schulen ab

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Neue Untersuchungen über die Luftqualität in Klassenzimmern kommen zu beunruhigenden Ergebnissen. (Foto: Florian Peljak)

Bürgermeister Michael Müller und die Mehrheit im Hauptausschuss sehen in den Geräten keinen Nutzen. Elternbeiräte fühlen sich übergangen.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Drei Bürger haben am Dienstagabend den Sitzungssaal des Geretsrieder Stadtrats tief enttäuscht verlassen. Der Hauptausschuss hatte es gerade mehrheitlich abgelehnt, mobile Luftfilter für die Grund- und Mittelschulen anzuschaffen. Stattdessen sollen stationäre Anlagen eingebaut werden; wie lange Beschaffung und Einbau dauern, wurde nicht beantwortet. "Wir waren nicht eingebunden", sagte Andreas Vetter danach. "Wir", das ist der Elternbeirat (EB) der Grundschule am Isardamm, dessen Sprecher Vetter ist. Sein Kollege Ingo Klagge, EB-Vorsitzender an der Karl-Lederer-Grundschule, fand, in der Sitzung seien "sehr viele Nebelkerzen geworfen worden". Sven Wawrzetz, ebenfalls Elternbeirat am Isardamm, nannte die Ablehnung mobiler Luftfilter erschreckend und gegenüber den Kindern unfair: "Die können sich nicht impfen lassen."

Der Hauptausschuss hat sein Nein mit Argumenten begründet, die Bürgermeister Michael Müller (CSU) gleich zur Eröffnung des Tagesordnungspunkte einführte: Die bayerische Staatsregierung fördere Luftfilter für Schulen zwar, gebe aber keine Garantie, dass es damit beim Präsenzunterricht bleibe. Gleichzeitig gälten weiterhin alle Hygieneregeln: regelmäßiges Lüften, Masken tragen und Abstand halten. Es gebe keine objektiv zertifizierten mobilen Lüftungsgeräte, und diese seien möglicherweise laut. Zudem müssten sie aufwendig gewartet werden. In allen Geretsrieder Klassenzimmern aber könne entweder durch Öffnen der Fenster gelüftet werden, oder es seien bereits "raumlufttechnische Anlagen" vorhanden. Man wisse daher nicht, so der Bürgermeister, ob der Kauf mobiler Lüfter "wirklich für die Kinder eine gute Sache ist".

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:Geretsrieder Luftnummer

Die meisten Gemeinden haben sich beeilt, um den Kauf von Filteranlagen noch bis zum Schuljahresbeginn unter Dach und Fach zu bringen. Im Geretsrieder Hauptausschuss ist die Mehrheit gegen die Anschaffung. Bürgermeister Müller macht dabei keine gute Figur.

Von Felicitas Amler

Empörtes Raunen der Zuhörer war zu hören, als Müller noch einen Schritt weiterging. Er sagte, da die Geräuschentwicklung der fraglichen Anlagen nicht geklärt sei, gehe es womöglich darum, "die Kinder nicht noch weiteren Gefahren auszusetzen". Im Übrigen könne die Stadt die Geräte nicht kaufen, "nur um jetzt schnell irgendwelche Elterngruppen zu befriedigen".

Der Antrag zu mobilen Luftfiltern, den SPD und Geretsrieder Liste (GL) am 19. Juli vergebens zur Sitzung am 27. Juli gestellt hatten, stand auch am Dienstag nicht auf der Tagesordnung, wurde also nicht behandelt. Elmar Immertreu (GL) sagte, eben wegen der als Hindernis beschriebenen Wartung von Filteranlagen habe sein Fraktionskollege Patrik Kohlert in dem Antrag Geräte vorgeschlagen, die mit Plasma arbeiten. Immertreu würdigte die ausführliche Vorbereitung des Gesamtthemas durch die Stadtverwaltung als "großartig", schränkte aber ein, über die Plasma-Anlagen seien "anscheinend noch nicht so viele Informationen eingeholt worden".

Martina Raschke (Grüne) sah sich einer mehrfachen eindringlichen Befragung des Bürgermeisters ausgesetzt, nachdem sie sich für den Kauf der mobilen Geräte ausgesprochen hatte. Sie sagte, es sei vorstellbar, dass die Staatsregierung doch eines Tages Präsenzunterricht von Luftfiltern abhängig mache. Man solle darauf vorbereitet sein, auch wenn weiterhin Masken, Abstand und Lüften durch Fensteröffnen nötig seien. Die Grünen-Stadträtin erklärte, Garantien habe es während der ganzen Pandemie nie für irgendetwas gegeben: "Es ist immer alles gemacht worden, um schnell Sicherheit zu gewinnen." Müller insistierte zweimal, warum sie für die mobilen Geräte sei, obwohl es keine Garantie des Präsenzunterrichts gebe, und beendete dies mit der strengen Bemerkung: "Also Frage nicht beantwortet!"

Für die mobilen Anlagen votierten schließlich nur Immertreu, Raschke, Hans Hopfner (SPD) und Detlef Ringer (Grüne). Alle anderen möchten erst einmal ein Gerät probeweise angeschafft sehen.

Die Elternbeiräte fanden, hier sei "eine Chance vertan" worden. Die Diskussion sei "kein Ruhmesblatt" gewesen und von vornherein "nicht ergebnisoffen" geführt worden.

© SZ vom 05.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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