Quartierstreff Geretsried-Stein:"Ein bisschen gnädig mit sich sein"

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Schön wär's, wenn die Fürsorge immer gleich verteilt wäre. (Foto: Manfred Neubauer)

Sozialpädagogin Irmi Jaud spricht zum Internationalen Frauentag in Geretsried über "Mental Load", die Last, die Frauen im Alltag tragen.

Von Felicitas Amler, Geretsried

"Frauen tragen die überwiegende Last", das hat die Hans-Böckler-Stiftung im vergangenen Sommer in einer Untersuchung belegt. Und da diese Last - englisch: load - nicht nur körperlich, sondern auch psychisch, mental getragen wird, heißt das Schlagwort dafür "Mental Load". Zum Internationalen Frauentag (8. März) bietet die Koordinierungsstelle "Integration aktiv" (IAG) im Quartierstreff Geretsried-Stein dazu einen Fachvortrag mit Diskussion. Referentin ist Irmi Jaud, die als Sozialpädagogin bei Pro Familia in München arbeitet.

Der Quartierstreff feiert den Frauentag am Samstag, 9. März, mit Musik und Tanz, Austausch, Kaffee und Kuchen. Nach einem musikalischen Einstieg mit der jungen Geretsrieder Künstlerin Irene Espinola Chia ("Dittai") können sich Interessierte bei einem Vortrag über das Thema "Mental Load" informieren und gemeinsam mit Irmi Jaud darüber austauschen.

Sozialpädagogin Irmi Jaud. (Foto: Privat /oh)

Pro Familia berät Schwangere und Familien, bis das jüngste Kind drei Jahre alt ist. Sie habe daher viel Erfahrung in Paarberatung, sagt Jaud im Gespräch mit der SZ. Und ihre Erfahrung sei: "Eigentlich moderne, gleichberechtigte junge Paare gehen in den Kreißsaal rein und kommen sehr traditionell wieder raus." Soll heißen: Er geht tendenziell mehr in die Erwerbsarbeit, während sie sich um Kind und Haushalt kümmert. Oft komme es darüber zu Konflikten, da die Frauen überlastet, überfordert und erschöpft seien. Zugespitzt habe sie das während der Corona-Pandemie erlebt, da die Kitas zu waren, die Putzfrauen nicht kamen und viele Einrichtungen nicht zu besuchen waren.

Mental Load meine keineswegs nur die Dinge, die man tut, sagt die Sozialpädagogin, sondern auch all das, was Frauen ständig im Kopf haben, wofür sie sich zuständig fühlen und was vor allem "nicht gesehen und nicht wertgeschätzt" werde. Dabei gebe es aus ihrer Sicht drei Ebenen: die gesellschaftlich-politische, die Paarebene ("Man hat vorher nicht genug miteinander geredet") und die Ebene der Mütter, die oft perfektionistisch seien und die Kontrolle über alles behalten wollten, weswegen sie sich selbst sagten: "Halte durch!" Daher gebe es auch kein Patentrezept zur Lösung solcher Konflikte.

Eines allerdings empfiehlt Irmi Jaud, die selbst Mutter ist, den Frauen: "Ein bisserl gnädig mit sich zu sein."

Nach dem Vortrag und der Diskussion soll der Tag im Quartierstreff mit Musik von Heinrich Zapf und dem Ensemble Die Powerdudla der Musikschule Geretsried ausklingen. Es darf getanzt werden. "Wir freuen uns über Kuchenspenden für die gemütliche Kaffeepause zwischendurch", schreiben die beiden IAG-Mitarbeiterinnen Franziska Walter und Adriana Haug. "In diesem Jahr möchten wir dabei hinsichtlich des Themas Mental Load insbesondere alle Männer motivieren, uns mit Kuchenspenden zu unterstützen."

Das Fest beginnt am Samstag, 9. März, um 14 Uhr am Steiner Ring 10. Der Eintritt ist frei.

www.jugendarbeit-geretsried.de/news-129.html

Report der Hans-Böckler-Stiftung

Im Report "Mental Load" der Hans-Böckler-Stiftung heißt es: "Der Mental Load ist neben der Aufteilung von Kinderbetreuung, Hausarbeit und Pflege von Angehörigen eine zentrale Dimension partnerschaftlicher bzw. geschlechtsspezifischer Ungleichheit. Auf Basis der WSI-Erwerbspersonenbefragung zeigt der Report, dass Frauen bzw. Mütter den größten Teil des Mental Loads tragen. Insbesondere, wenn Kinder im Haushalt leben bzw. Frauen in Teilzeit arbeiten, übernehmen sie die Hauptlast. Der Mental Load ist jedoch selbst dann ungleich zuungunsten von Frauen verteilt, wenn diese in Vollzeit beschäftigt sind." www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?sync_id=HBS-008679

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