Geretsried:Brüskierte Bürger

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Ausgerechnet die Geretsrieder CSU fordert mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung. Das tut sie nicht ohne Hintergedanken.

Bernhard Lohr

Außenstehende reiben sich die Augen. Sie können nicht glauben, dass in Geretsried ausgerechnet die CSU als Bürgerrechtspartei auftritt, die Transparenz und Teilhabe der Bevölkerung an politischen Entscheidungsprozessen einfordert. Zu erklären ist das damit, dass einige CSU-Stadträte erkannt haben, dass die Bürger durch den politischen Stil im Rathaus offen brüskiert werden.

Und zum anderen versucht sich die CSU mit Blick auf die Kommunalwahlen 2014 zu profilieren. Der mitunter schwer nachvollziehbarer Umgang der Bürgermeisterin mit der Öffentlichkeit bietet da eine wunderbare Angriffsfläche. Einerseits betont sie immer wieder, wie wichtig ihr Bürgerbeteiligung sei. Geretsried ist Mitglied bei der Initiative "Bürgerkommune" der Staatsregierung und Irmer sucht an "Runden Tischen" stets die Nähe zu den Geretsriedern. Sie hat Diskussionsrunden mit Elternbeiräten der Schulen eingeführt und hört sich im Mütterzentrum die Sorgen von Eltern an.

Andererseits gilt sie als Einzelkämpferin und kühle Strategin. Als Parteifreie und Überparteiliche führt sie im Rathaus die Stadt wie eine zielstrebige Chefin, die sich ungern von ihrem eingeschlagenen Weg abbringen lässt. Am besten funktioniert das, wenn sie mit den Stadträten in Workshops und Arbeitsgruppen Politik macht und am Ende Ergebnisse präsentieren kann.

Eine öffentliche Debatte stört da nur, kostet Zeit und der Ausgang ist zu wenig berechenbar. Dazu passt, dass Irmer dereinst Beiräte für Kultur, Wirtschaft, Jugend und Soziales einrichten ließ, in die die Stadtratsreferenten Bürger nach ihrem Gusto berufen. Getagt wird nichtöffentlich. Beratung ist möglich, öffentliche Debatte nicht. Sicher geht es der CSU

auch um mehr Beteiligung der Bürger, die offensichtlich ausgegrenzt werden. Aber es steckt auch Machtkalkül dahinter, sich als Sachwalter der Bürgerinteressen zu profilieren. Unbegreiflich bleibt die Passivität von SPD und Grünen, denen Transparenz und Mitsprache doch ein Herzensanliegen sein müssten.

© SZ vom 03.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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